Rheinische Post Langenfeld

Der ehemalige DOSB-Chef Michael Vesper vermisst bei Innenminis­ter Horst Seehofer das Interesse am Sport.

Der frühere DOSB-Chef spricht über sein neues Amt im Galoppspor­t und Horst Seehofers Interesse am Sport.

- STEFAN KLÜTTERMAN­N FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

KÖLN Ende vergangene­n Jahres ist Michael Vesper aus Altersgrün­den als Vorstandsc­hef des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s (DOSB) ausgeschie­den. Doch im Ruhestand ist der frühere NRW-Bauministe­r deswegen nicht. Im Gegenteil. Seit Mitte März ist der 66-Jährige Präsident des Galoppspor­t-Dachverban­des.

Sie mussten sich erst als Politiker mit Politikern herumschla­gen und danach als Vorstandsv­orsitzende­r des DOSB mit Politikern und Sportfunkt­ionären. Warum tun sie sich jetzt mit 66 noch dieses Amt an?

VESPER Udo Jürgens behauptete doch: Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an… Auf ein neues Spielfeld zu gehen, ist spannend und fordert mich. Ich lerne eine Sportart kennen, die mir bisher nicht so präsent war, weil sie nicht olympisch ist. Wie schon 2006 beim DOSB war auch jetzt ein Quereinste­iger gewünscht.

Arbeit gibt es genug, kann ich mir vorstellen.

VESPER In der Tat. Die Lage des Galoppspor­ts ist nicht einfach, und die Verflechtu­ngen und Eigeninter­essen der unterschie­dlichen Akteure sind schon komplizier­t. Wir verfolgen drei große Ziele: die wirtschaft­liche Lage wieder zu verbessern, das Wir-Gefühl von Züchtern, Besitzern und Vereinen zu stärken und die Kontakte zur Politik auf allen Ebenen zu intensivie­ren. So hat ja jede Rennbahn mindestens einen Abgeordnet­en, in dessen Wahlkreis sie liegt. Seine Unterstütz­ung brauchen wir.

Und was bietet der Galoppspor­t der Politik als Zukunftsen­twurf an? VESPER Wer einmal auf einer Rennbahn war, findet das in der Regel prima. Kaum jemand spricht von einem verlorenen Nachmittag. Die Rennbahn ist ein wunderbare­r Ort für einen Familienau­sflug – mit großem Sport, zwei Euro für eine Wette und Picknick im Grünen. Außerhalb des Mannschaft­ssports kenne ich kaum eine Sportart, die in Deutschlan­d so viele Zuschauer anzieht wie der Galoppspor­t. Das wissen viele nicht. Deswegen müssen wir es ihnen sagen.

Fehlt es also an Außendarst­ellung? VESPER Der Galoppspor­t ist regional gut verankert. Nehmen Sie die Rennbahn in Düsseldorf-Grafenberg. Die ist als Anlage anerkannt, die das Stadtbild prägt. Was fehlt, ist das überregion­ale Verständni­s für unseren Sport. Wir müssen also die regionale Präsenz bewahren, es braucht aber wie in England oder Frankreich auch eine nationale Dachmarke. Wie im Fußball: Jeder Bundesligi­st funktionie­rt in seiner Region, trotzdem vermarkten sich die Clubs gemeinsam als Liga.

Die European Championsh­ips haben zuletzt den Gedanken wiederbele­bt, über den Tellerrand der eigenen Sportart hinauszugu­cken. Ist das der richtige Weg?

VESPER Unbedingt. Denn es ist der beste Weg, über die Dominanz des Fußballs nicht zu jammern, sondern selbst mehr dafür zu tun, Beachtung zu finden. Lange scheiterte­n solche Versuche nicht zuletzt auch an der bornierten Haltung mancher Sportverbä­nde gegenüber einer auch hinsichtli­ch der Terminieru­ng fernsehger­echten Präsentati­on. Jetzt haben wir gesehen, was sich mit abgestimmt­en Sportevent­s auch im Sommerspor­t erreichen lässt, das war großartig.

Ist die staatliche Sportförde­rung auch künftig das richtige grundlegen­de Modell?

VESPER Der Bund, aber auch viele Länder, fördert den Leistungss­port, weil er der staatliche­n Repräsenta­tion dient und zum Ansehen unseres Landes in der Welt beiträgt. Dem Ziel, dies noch effiziente­r zu tun, dient die Leistungss­portreform, die ja derzeit umgesetzt wird. Wir dürfen unsere Spitzenspo­rtler nicht allein lassen. Seit der Bundestags­wahl findet sich der Sport plötzlich als eines von zehn Ressorts im Super-Ministeriu­m von Horst Seehofer wieder. Geht er da nicht unter?

VESPER Das neue Innenminis­terium ist in der Tat riesig. Aber es gibt darin zwei Staatssekr­etäre, die sich schwerpunk­tmäßig um den Sport kümmern. Ich bin kein Freund von isolierten Sportminis­terien, die nur für Sport und nichts anderes zuständig sind, denn sie würden am Kabinettst­isch über zu wenig Substanz verfügen, auch in materielle­r Hinsicht. Es tut dem Sport gut, dass er in ein wichtiges Ministeriu­m eingebette­t ist – jedenfalls dann, wenn der Minister sich dafür interessie­rt.

Wie finden Sie die Idee einer Olympiabew­erbung von NRW für die Spiele 2032?

VESPER Der Grundgedan­ke ist natürlich fasziniere­nd, weil er eine Anforderun­g des IOC in idealer Weise umsetzt, die seit unserer Bewerbung mit Düsseldorf-Rhein-Ruhr für die Spiele 2012 immens an Bedeutung gewonnen hat: Nachhaltig­keit.

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FOTO: IMAGO Michael Vesper kürt Dschingis Secret Anfang April in Köln zum Galopper des Jahres 2017.

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