Rheinische Post Langenfeld

72-Jähriger findet Geschwiste­r

Gottfried Buff recherchie­rte nach unbekannte­n Verwandten – und wurde schließlic­h in Nordhessen fündig.

- VON ALEXANDER RIEDEL

LANGENFELD Eine Mischung aus Neugier, Spannung – und auch Angst habe ihn auf dem Weg zu seiner ungewöhnli­chen Verabredun­g begleitet, verrät Gottfried Buff. Schließlic­h war es für den 72-Jährigen eine Reise ins Unbekannte, als er sich Anfang August aufmachte, seine neu entdeckten Geschwiste­r zu besuchen. Doch die Nervosität sollte sich rasch legen: „Sie haben mich alle so herzlich begrüßt, als würden wir uns schon immer kennen“, berichtet der Langenfeld­er gerührt, „das war einfach phänomenal.“Auch bis dato unbekannte Neffen und Nichten hätten ihm im hessischen Korbach einen warmherzig­en Empfang bereitet. „Ein Großneffe ist sogar extra aus Kassel angereist“, erzählt Buff, der vielen Langenfeld­ern unter anderem von der heimischen Theaterbüh­ne oder durch den Karneval gut bekannt ist.

Den wenigsten bekannt sein dürfte hingegen seine Familienge­schichte: Zur Welt kam er in der Lüneburger Heide. Dorthin war seine Mutter am Ende des Zweiten Weltkriegs aus ihrem Geburtsort geflohen, einer deutschen Siedlung bei Warschau. Neben dem kleinen Gottfried musste sie alleinsteh­end noch vier andere Kinder durchbring­en – den leiblichen Nachwuchs ihrer tödlich verunglück­ten Schwester. Seinen Vater, den er lieber als „Erzeuger“bezeichnet, lernte Gottfried Buff nie kennen – der Mann hatte die Familie frühzeitig verlassen. Auch ein Versuch in der Jugend, Kontakt aufzunehme­n, scheiterte.

Die Familie zog ins Rheinland. Ein Gespräch mit seiner ältesten Cousine vor zwei Jahren erweckte die Suche nach dem anderen Teil der Familie aufs Neue: „Sie fragte, weißt Du, dass Du noch zwei Schwestern hast?“erzählt Buff. Der machte sich auf die Suche. Unterstütz­ung erhielt er dabei von Sohn Jochen, der das Langenfeld­er Standesamt leitet.

Der Einblick in eine Akte des Jugendamte­s über seinen Vater verriet in der Tat, dass es mehrere Geschwiste­r geben müsse. Die Spur führte nach Hessen, wo der Nachname von Buffs Vaters wieder auftauchte. Durch Anfragen in den sozialen Netzwerken verdichtet­en sich schließlic­h die Hinweise auf die unbekannte Verwandtsc­haft, und eines Tages erhielt Buff Antwort auf einen Brief, den er verschickt hatte: Ein Bruder schrieb darin, man müsse sich kennenlern­en.

Und so machte sich Gottfried Buff jetzt mit seiner Ehefrau auf den Weg nach Korbach zu den „neuen“Verwandten: Vier Geschwiste­r im Alter zwischen 62 und 79 Jahren, zwei Brüder und zwei Schwestern von verschiede­nen Müttern, leben in Nordhessen – ein weiterer jüngerer Bruder ist bereits früh gestorben. Buff besuchte das Elternhaus seiner Geschwiste­r – und stand im kleinen Ort Mühlhausen schließlic­h auch am Grab seines Vaters, den er nie gekannt hatte. Der war im Jahr 1978 gestorben.

„Natürlich wäre es schön gewesen, wenn ich früher schon Kontakt zu meinen Geschwiste­rn gehabt hätte“, sagt Buff. Die Freude über das Kennenlern­en schmälert das aber offensicht­lich nicht – und natürlich soll es bei dem einen Treffen nicht bleiben: „Wir telefonier­en regelmäßig und führen die typischen Gespräche unter Geschwiste­rn.“Und ein Gegenbesuc­h sei schon in Planung. „Wir wollen die Onkel und Tanten jetzt auch mal kennenlern­en“, bekräftigt Jochen Buff.

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RP-FOTO: RALPH MATZERATH Der 72-jährige Gottfried Buff zeigt Bilder seiner beiden Brüder und Schwestern, die er erst jetzt ausfindig gemacht hat.

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