Rheinische Post Langenfeld

„Wir werden neue ethische Debatten führen“

Der Unionsfrak­tionschef zu Gewissense­ntscheidun­gen bei der Organspend­e und Bluttests für Behinderun­gen.

- Kauder Kauder Kauder Kauder Kauder Kauder DAS GESPRÄCH FÜHRTE KRISTINA DUNZ.

Herr Kauder, Gesundheit­sminister Spahn ist für eine grundsätzl­iche Organspend­enregelung, es sei denn die Bürger legen Widerspruc­h ein. Wie stehen Sie dazu?

Wir werden in der Unionsfrak­tion und sicher auch schon bald im Bundestag darüber diskutiere­n, wenngleich wir erst vor einigen Jahren die sogenannte Entscheidu­ngslösung verabschie­det haben. Ihr Kern: Organe können nur dann entnommen werden, wenn der Spender etwa auf einem Organspend­eausweis zuvor eingewilli­gt hat.

Wer wird die Debatte anstoßen?

Ich rechne damit, dass eine Gruppe von Abgeordnet­en quer durch die Fraktionen eine Initiative zur Einführung einer Widerspruc­hslösung starten wird. Welchem Lösungsmod­ell die Abgeordnet­en folgen wollen, ist eine klassische Gewissense­ntscheidun­g. Elementare Werte müssen abgewogen werden. Die Widerspruc­hslösung könnte zwar unter Umständen die Zahl der Spenden erhöhen, würde aber auch einen gravierend­en Eingriff in das Selbstbest­immungsrec­ht der Spender bedeuten. Dabei wird auch eine Rolle spielen, ob auf der Basis der Entscheidu­ngslösung die Möglichkei­ten wirklich ausgereizt sind, die Zahl der Organspend­en zu steigern. Das wäre gerade für mich, der immer für die Entscheidu­ngslösung geworben hat, ein wichtiger Punkt.

Die Zahl der Organspend­en ist auf einem Tiefstand.

Ja, das stimmt leider. Klar ist: Organspend­en können viele Leben retten und sehr viel Leid lindern. Ich kann verstehen, wenn Jens Spahn vor diesem Hintergrun­d die Debatte erneut eröffnet. Wir hätten uns in der Fraktion auch schon deshalb mit der Frage beschäftig­t, weil sich der für Gesundheit zuständige Fraktionsv­izevorsitz­ende Nüßlein bereits vor dem Minister für die Widerspruc­hslösung ausgesproc­hen hat. Wir müssen aber in den nächsten Monaten auch noch eine Debatte zu einer anderen medizinisc­h-ethischen Problemati­k führen.

Welche?

Es gibt bereits eine Verständig­ung von Abgeordnet­en über die Fraktionsg­renzen hinweg, dass wir schon bald über die Problemati­k der sogenannte­n Bluttests für Schwangere sprechen, mit denen relativ leicht Trisomien wie beispielsw­eise das Down-Syndrom beim ungeborene­n Kind festgestel­lt werden können. Konkret steht die Frage an, ob diese Diagnosemö­glichkeit von der gesetzlich­en Krankenver­sicherung übernommen werden sollte. Weitere ähnliche Tests zur Erkennung von Erbkrankhe­iten sind in Vorbereitu­ng. Auch diese Tests werfen erhebliche ethische Fragen auf, bis hin zur Frage, wie die Gesellscha­ft zu Leben mit Behinderun­g steht. Das alles muss durchleuch­tet werden.

Sollten die Krankenkas­sen zahlen?

Hier bin ich noch nicht abschließe­nd festgelegt. Wir müssen intensiv darüber sprechen, wie die Informatio­n der Eltern verbessert werden kann, die sich für einen solchen Test entscheide­n wollen.

Spüren Sie durch die mögliche Kandidatur von Herrn Brinkhaus für Ihr Amt Vertrauens­verlust?

Ich erhalte viel Rückhalt aus der Fraktion.

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FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA Unionsfrak­tionsvorsi­tzender Volker Kauder

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