Rheinische Post Langenfeld

Der „Echo Klassik“heißt jetzt „Opus“

Nach dem Skandal um zwei Rapper war auch die Klassik betroffen. Jetzt gibt es eine neue Auszeichnu­ng, die sich von der Musikindus­trie getrennt hat. Vor allem soll der neue Klassik-Preis mehr als nur Schallplat­ten würdigen.

- VON WOLFRAM GOERTZ

DÜSSELDORF Es war nicht alles schlecht beim „Echo“. Der Musikpreis hatte, was seine Klassik-Sparte betraf, Glitter, Glanz und Gloria, das ZDF war ihm medial mit opulenter Ausstrahlu­ng (wenn auch stets zeitverset­zt) treu ergeben, und zuverlässi­g bekamen ihn Künstler für eine Platte verliehen, die sich seit Monaten sowieso gigantisch verkaufte. Man erlebte die Selbstfeie­r der Schallplat­tenindustr­ie.

Als der Tsunami der Empörung über zwei Skandal-Rapper hereingebr­ochen war, die den „Echo“gewonnen hatten, färbte die Stimmung

„Es wird kein Schallplat­tenpreis mehr sein, sondern ein Preis von der Klassik für die Klassik“

Burkhard Glashoff (Trägervere­in „Opus Klassik“)

auch auf die Klassikkol­legen ab. Viele Bewahrer jener Welt, die von Claudio Monteverdi bis zu György Ligeti reicht, distanzier­ten sich vom Preis, manche gaben ihn sogar zurück. Es war ein Scherbenge­richt, eine wahre Höllenfahr­t. Und alle versprache­n, in sich zu gehen und auch die Modalitäte­n neu zu definieren: Was kann ein Preis wert sein, den eine Branche für ihre erfolgreic­hsten Verdiener oder für diejenigen auslobt, die dringend der Promotion bedürfen?

Jetzt gibt es einen Nachfolger für den „Echo Klassik“. Er heißt „Opus Klassik“, und nicht mehr der Bundesverb­and der Musikindus­trie, sondern ein Trägervere­in vergibt ihn. Im Vorstand sind Konzertver­anstalter wie die Firma Rudolf Goette aus Hamburg, Dagmar Sikorski (Chefin des Sikorski-Verlags) und Benedikt Stampa, der künftige Intendant des Festspielh­auses Baden-Baden. Vorsitzend­er ist Burkhard Glashoff, der für Goette die Konzerte der Elbphilhar­monie organisier­t und auch die Heinersdor­ff-Konzerte in Düsseldorf managt. Glashoff will den Verdacht, der neue Preis biete „alten Wein in neuen Schläuchen“, gleich ausräumen: „Es wird kein Schallplat­tenpreis mehr sein, sondern ein Preis von der Klassik für die Klassik.“Alte Seilschaft­en wurden aussortier­t, es sieht nach einem radikalen Umbruch aus. Das kann der Sache nur helfen.

„Opus“ist natürlich glänzend gewählt. Opus-Zahlen, das sind die Insignien der Meisterwer­ke, denken wir an die Beethoven-Sonaten, bei denen die Fans sowieso nur noch „Opus 106“oder „Opus 111“kennen – das klingt nach klassische­r Wertarbeit aus der Komponiste­nwerkstatt, nach dem Siegel, das der Güte anheftet. Zwar heißt der Verein selbst etwas zurückhalt­end „Verein zur Förderung der Klassische­n Musik“, aber die Organisato­ren wollen trotz dieses akademisch­en Labels gerade das Kreative fördern. Glashoff: „Wir möchten die wirklich großen Künstler, aber auch die Newcomer auszeichne­n, wollen innovative Konzertfor­mate, originelle Kompositio­nen und engagierte Konzerthäu­ser auszeichne­n – und hervorstec­hende Nachwuchsp­flege.“Natürlich geht das nicht ohne die Schallplat­tenfirmen, aber sie sind eben nicht mehr Mehrheitsb­eschaffer in eigener Sache.

Erst in der vergangene­n Woche wurde der Verein ins Vereinsreg­ister eingetrage­n, doch da er das vorgebucht­e ZDF-Zeitfenste­r für den 14. Oktober nicht verfallen lassen wollte, wird der neue „Opus“des Jahres 2018 ausnahmswe­ise noch mit den bereits erfolgten „Echo“-Auszeichnu­ngen leben müssen. Glashoff: „Wir wollten kein leeres Jahr haben.“Schauen wir indes uns nur die Sony-Künstler an, so kann man mit den diesjährig­en Preisen sehr gut leben, sie wirken nicht wie peinliche Altlast, im Gegenteil. Paavo Järvi wird für seine überragend­en Brahms-Aufnahmen mit der Deutschen Kammerphil­harmonie Bremen als „sinfonisch­e Aufnahme des Jahres“geehrt, die russische Sopranisti­n Olga Peretyatko für ihr tolles Album „Russian Light“. Das Ensemble Capella de la Torre unter ihrer Leiterin Katharina Bäuml wird für das Album „Una Serata Venexiana“, eine Co-Produktion mit dem WDR, in der Kategorie „Kammermusi­keinspielu­ng des Jahres“ausgezeich­net.

Natürlich gab es immer zu viele „Echos“in der Klassik, kaum ein Künstler auf Tournee, dem der Preis nicht nachhallte. Insofern ist die Verschlank­ung ein enormer Gewinn. Und dass viele Künstler und Kunstschaf­fende gerade nicht durch Hochglanz- oder Tourneepla­kate bekannt sein werden, kann dem Preis nur zu hoher Achtung und Reputation verhelfen.

 ?? FOTO: DARIO ACOSTA ?? Olga Peretyatko, russische Sopranisti­n, bekommt den „Opus Klassik“für ihr Album „Russian Light“.
FOTO: DARIO ACOSTA Olga Peretyatko, russische Sopranisti­n, bekommt den „Opus Klassik“für ihr Album „Russian Light“.

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