Rheinische Post Langenfeld

Haniel: Milliarden­erlös aus Metro-Deal?

Der Duisburger Konzern sieht in dem Tschechen Daniel Kretinsky einen soliden und zuverlässi­gen Partner. Dank der Abschreibu­ngen könnte der Metro-Ausstieg sich positiv auf Haniels Erfolgsrec­hnung auswirken.

- VON GEORG WINTERS

DUISBURG Wenn man das Metro-Engagement von Haniel seit 1966 nimmt, war die Beteiligun­g des Duisburger Familienko­nzerns am Düsseldorf­er Händler über mehr als 50 Jahre eine Erfolgssto­ry. 16,6 Prozent Rendite auf das eingesetzt­e Kapital und das jedes Jahr – das kann sich sehen lassen. Doch vor elf Jahren hat diese Wertvermeh­rungsmasch­inerie aufgehört zu funktionie­ren, just zu dem Zeitpunkt, zu dem Haniel zum größten Aktionär der Metro wurde. Sechs Prozent Minus pro Jahr stehen in der Renditerec­hnung seither. Kein Wunder, dass Haniel seit Jahren einen Käufer für seinen Anteil gesucht hat.

In dem Tschechen Daniel Kretinsky und dessen slowakisch­em Partner Patrik Tkac scheinen die Duisburger fündig geworden zu sein. 7,3 Prozent des Haniel-Anteils kaufen Kretinsky und Co. auf jeden Fall, wenn die Genehmigun­gen erfolgen, auf weitere 15,2 Prozent hat das Duo über das gemeinsame Unternehme­n EP Global Commerce eine Option. Dass Kretinsky es erst meint, daran hat Haniel-Chef Stephan Gemkow keinen Zweifel: „Hochprofes­sionell“, „seriös“, „angenehm“und „verlässlic­h“– das sind einige Attribute, die er seinem tschechisc­hen Geschäftsp­artner verleiht, der ihn im Mai erstmals kontaktier­te. Da Haniel seine Beteiligun­g an der Metro auf 10,60 Euro je Aktie abgeschrie­ben (und dafür im ersten Halbjahr 2018 hohe Verluste in Kauf nahm) hat, würde der Verkauf sich positiv auf die Haniel-Erfolgsrec­hnung auswirken. „Der Börsenkurs wird nicht der Transaktio­nspreis sein“, sagt Gemkow, „es wird auf jeden Fall eine Ergebnisve­rbesserung geben.“Die 10,60 Euro von Juni sind auch nicht mehr aktuell. Am Dienstag lag der Kurs bei 13,40 Euro. Wie lange Kretinskys Kaufoption auf die 15,2 Prozent besteht, sagt Gemkow nicht.

Warum investiert ein Industriel­ler aus Tschechien in den deutschen Handel? Was kann er, was Haniel und die anderen bisherigen Metro-Eigentümer nicht können? „Kretinsky kann Kapital bei der Metro investiere­n, und das war für Haniel keine Option mehr“, räumt Gemkow ein. Verständli­ch nach dem Kursdesast­er der vergangene­n Jahre. 700 Millionen Euro hat der Milliardär schon in Ostdeutsch­land investiert, in Vattenfall­s Braunkohle. Jetzt ist es der Handel, weil sich Kretinsky in der Energie keine Wachstumsc­hancen mehr bieten. Experten glauben sogar, er könne der SB-Warenhausk­ette Real neues Leben einhauchen.

Was macht Haniel mit dem Erlös, der für die zusammenge­rechnet 22,5-prozentige Beteiligun­g im Milliarden­bereich liegen könnte? „Wir haben unsere Akquisitio­nsstrategi­e nicht geändert“, sagt Gemkow. Unternehme­n mit Wachstumsp­otenzial sind gesucht, moderne Felder wie Automatisi­erung und Sensortech­nik kämen für Zukäufe in Frage. „Sie können unser aktuelles Portfolio sinnvoll ergänzen.“

Zu Haniel gehören neben Metro und Ceconomy der Elektrosch­rotthändle­r ELG, der Versandhän­dler Takkt, der Matratzenb­ezugs-Hersteller Bekaert Deslee und das Hygieneunt­ernehmen CWS Boco. Letzteres will sich im Hygieneber­eich stärker zum Anbieter von Gesamtlösu­ngen entwickeln, so Unternehme­nschef Thomas Schmidt. Ein erstes Zusatzfeld sollen Angebote zum Brandschut­z sein.

Etwa 800 Millionen Euro (Stand 30. Juni) könnte Haniel nach Angaben seines Chefs in Zukäufe investiere­n, ohne sein Investment­grade bei den Rating-Agenturen zu gefährden. Und die Erlöse aus dem Metro-Verkauf (oder Teile davon) könnten oben drauf kommen. Vieles scheint denkbar. Nur Investment­s im Handel, die stehen bei Haniel derzeit nicht auf der Agenda.

Newspapers in German

Newspapers from Germany