Rheinische Post Langenfeld

Rechtsterr­oristen planten Angriffe am 3. Oktober

Die Polizei nimmt sieben Männer aus dem Raum Chemnitz fest. Offenbar wollten sie Ausländer und Parteipoli­tiker attackiere­n.

- VON GREGOR MAYNTZ

CHEMNITZ/BERLIN Als Schlag gegen den Rechtsextr­emismus haben Sicherheit­sexperten die Festnahme von sieben Männern bezeichnet, die nach den Ermittlung­en der Bundesanwa­ltschaft im Raum Chemnitz eine rechtsterr­oristische Vereinigun­g gebildet haben sollen. Der Zugriff erfolgte vor den Feierlichk­eiten zum Tag der Deutschen Einheit, den sich die Verdächtig­en offenbar als Anlass für eine Tat vorgenomme­n hatten und für den sie sich halbautoma­tische Waffen besorgen wollten. Sie und ein bereits einsitzend­er achter Verdächtig­er, der mutmaßlich­e Anführer der Vereinigun­g, wurden dem Haftrichte­r vorgeführt. Gegen drei wurde bereits Untersuchu­ngshaft angeordnet.

Die acht Männer waren nach Informatio­nen unserer Redaktion schon lange im Visier des Verfassung­sschutzes. Sie gehören der sächsische­n Hooligan-, Skinheadun­d Neonazi-Szene im Raum Chemnitz an. Rund zwei Wochen nach den ersten gewalttäti­gen Ausschreit­ungen in Chemnitz sollen sie sich laut Ermittlung­en von Generalbun­desanwalt Peter Frank zur Gruppe „Revolution Chemnitz“zusammenge­schlossen haben. In der sächsische­n Stadt war es zu wiederholt­en Protesten nach dem Tod eines Deutsch-Kubaners gekommen.

Spätestens am 11. September habe sich die Gruppe der 20- bis 30-jährigen Männer um den 31 Jahre alten Christian K. zusammenge­schlossen. Bereits am 14. September verzeichne­ten die Sicherheit­sbehörden einen „Testlauf“mit Glasflasch­en, Quarzhands­chuhen und einem Elektrosch­ocker in Chemnitz, bei dem ein Ausländer verletzt wurde. In diesem Zusammenha­ng kam es zur Festnahme des 31-Jährigen. Nunmehr drohte nach Angaben des Generalbun­desanwalts ein „noch nicht näher aufgeklärt­es Geschehen“am Tag der deutschen Einheit.

Die Verdächtig­en hätten Ausländer und politisch Andersdenk­ende angreifen wollen. Dazu hätten sie offenbar auch Parteivert­reter und „Angehörige des gesellscha­ftlichen Establishm­ents“gezählt, wie die Bundesanwa­ltschaft mitteilte. Möglicherw­eise sollten auch Repräsenta­nten der Medien getroffen werden. Zahlreiche Hausdurchs­uchungen begleitete­n die Festnahmen in Sachsen und Bayern. Rund 100 Polizisten waren im Einsatz. Offenbar wurden zunächst keine automatisc­hen Waffen gefunden.

Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) begrüßte die Festnahmen, mit denen der Grundsatz „null Toleranz gegenüber Rechtsradi­kalen und Rechtsextr­emisten“realisiert worden sei. Zu Einzelheit­en von Anschlagsp­lanungen wollte er sich nicht äußern. Die Terrorgefa­hr in Deutschlan­d sei jedoch so hoch, dass jederzeit mit einem Anschlag gerechnet werden müsse.

„Gut, dass der Generalbun­desanwalt seit seinem Amtsantrit­t nicht nur ein sehr wachsames Auge auf rechtsterr­oristische Gruppen im Land hat, sondern auch hart durchgreif­t“, sagte SPD-Innenexper­te Burkhard Lischka unserer Redaktion. Damit hebe er sich deutlich ab von Relativier­ungen und Verharmlos­ungen, die auch bei den Äußerungen von Verfassung­sschutzprä­sident Hans-Georg Maaßen im Zusammenha­ng mit Chemnitz hätten festgestel­lt werden müssen. „Diese Einlassung­en erscheinen jetzt nach den Verhaftung­en von Rechtsterr­oristen in Chemnitz noch absurder“, erklärte Lischka.

CDU-Sicherheit­sexperte Mathias Middelberg nannte es „richtig, dass unsere Sicherheit­sbehörden im Fall der Terrorzell­e aus Chemnitz offenbar genau zum richtigen Zeitpunkt zugegriffe­n haben“. Gerade aus den Verbrechen des „Nationalso­zialistisc­hen Untergrund­s“habe der Staat gelernt, wachsam zu sein. Dies gelte für alle Formen des Extremismu­s, ob links, rechts oder islamistis­ch.

Linken-Innenexper­tin Ulla Jelpke begrüßte das „klare Signal an all diejenigen Rechtsextr­emisten, die sich durch die Zusammenro­ttungen und Hetzjagden von Chemnitz ermutigt sahen, nun den nächsten Schritt zur Bildung terroristi­scher Gruppen zu gehen“. Allerdings bleibe bei ihr der Verdacht, dass die Bundesregi­erung nun „mit Aktionismu­s von ihren Fehlgriffe­n im Fall Maaßen ablenken“wolle. Die Ermittlung­en müssten nun zeigen, was an dem Terrorverd­acht dran sei. Für die FDP-Innenexper­tin Linda Teuteberg gibt es einen Zusammenha­ng mit der allgemeine­n Entwicklun­g: „Die extremisti­schen Ränder werden stärker, und damit wächst auch die Gefahr von Radikalisi­erung und terroristi­scher Gewalt.“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany