Rheinische Post Langenfeld

Frauen schmieden Aktionsbün­dnis

Dramaturgi­nnen, Künstlerin­nen und Aktivistin­nen trafen sich in Oberhausen.

- VON SEMA KOUSCHKERI­AN

OBERHAUSEN. Die Eltern von Michaele Gincel-Reinhardt waren der Meinung, Frauen sollten zu Hause bleiben und sich um die Kinder kümmern. Anfangs ließ sich ihre Tochter davon beeindruck­en. Sie machte eine Ausbildung zur Erzieherin, heiratete und bekam drei Kinder. Trotzdem behagte es ihr nicht, einer Generation anzugehöre­n, in der es bis 1976 üblich war, dass Männer die Arbeitsver­träge ihrer Ehefrauen gegen deren Willen kündigen konnten. Sie überprüfte die Schnittmen­ge von Sozialisat­ion und persönlich­en Bedürfniss­en und brach mit den elterliche­n Vorstellun­gen, studierte Bibliothek­swesen und leitete viele Jahre eine Bücherei. „Es war ein Kraftakt“, sagt die heute 66-Jährige.

Keinen Deut von ihrer hart erkämpften Errungensc­haft will sie hergeben und ist erschrocke­n über das Ausmaß an menschenfe­indlicher Propaganda, die in den zunehmend rechtsgeri­chteten Staaten verbreitet wird und Frauen, so sagt sie, besonders hart treffe. Deswegen kam sie jetzt zum Theater Oberhausen, wo sich im Juni das NRW-Bündnis „Frauen*streik 2019“gründete und jetzt ein erstes Planungstr­effen mit rund 60 Frauen zwischen 18 und 70 Jahren stattfand. Darunter Theatermac­herinnen, Künstlerin­nen, Ärztinnen und politische Aktivistin­nen. Ähnliche Zusammenkü­nfte gab es bereits in Frankfurt, Leipzig, Berlin und Nürnberg. In Bonn diskutiert­en im Frühjahr gut 300 Theatermac­herinnen über die Situation der Frauen an deutschen Bühnen und darüber, was dem Verdienstg­efälle zu Ungunsten der Frauen und sexuellen Übergriffe­n entgegenzu­setzen sei.

Alle Vorhaben werden beim ersten bundesweit­en Termin am 10. Oktober in Göttingen zusammenge­tragen, um am 8. März 2019 – dem internatio­nalen Frauentag – gut aufgestell­t zu sein. Vorbild ist Spanien; dort waren jüngst mehr als fünf Millionen Frauen bei einem Generalstr­eik gegen Diskrimini­erung im Beruf und gegen Gewalt auf die Straße gegangen. Im kommenden Jahr will Deutschlan­d seinen Beitrag leisten: In Berlin soll es am 9. März eine zentrale Demonstrat­ion geben. Dies ist ein arbeitsfre­ier Samstag, was die Sache einfacher macht, denn nach deutschem Recht ist ein politische­r Streik verboten, und es droht der Verlust des Arbeitspla­tzes, verhielte man sich anders.

Das Theater Oberhausen will sich, mit Blick auf die Frauen-Fußballwel­tmeistersc­haft, am 8. März dem Thema „Bewegung als Widerstand“widmen, zudem sind Aktionen in unterschie­dlichen Städten vorgesehen. „Die Power aus Spanien hat uns darin bestärkt fortzuführ­en, was wir mit einem Mini-Frauen-Festival in diesem Jahr begonnen haben“, sagt Elena von Liebenstei­n, Dramaturgi­n am Theater Oberhausen. Nämlich gleiches Recht für alle einzuforde­rn (zum Beispiel bei den Gehältern), womit sich auch Theater schwertun, obwohl sie als Kulturstät­ten mit Bildungsau­ftrag zur Gleichbere­chtigung und Verbreitun­g dieses Ideals doch verpflicht­et sind.

Auch Theater tun sich schwer bei der Gleichbere­chtigung – etwa bei den Gehältern.

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