Rheinische Post Langenfeld

Im Überlebens­modus

Dänemark nach 1945: Deutsche Kriegsgefa­ngene müssen einen verminten Strand räumen.

- VON KATHARINA ZECKAU

MAINZ (kna) Es sind Bilder und Töne, die man sehr lange nicht mehr aus dem Kopf bekommen wird: Das angespannt­e Atmen von jungen Männern in Todesangst, die wissen, dass ein falscher Handgriff ihr Leben kosten kann. Die zerfetzten Gliedmaßen und das verzweifel­te Schreien nach der Mutter bei denen, die einen solchen Fehler gemacht haben – oder einfach nur Pech hatten. Der ständige Hunger dieser halben Kinder, ihr verzehrend­es Heimweh, das Wissen um die Ausweglosi­gkeit ihrer Situation.

Das Kriegsdram­a „Unter dem Sand – Das Verspreche­n der Freiheit“handelt von zwangsverp­flichteten jugendlich­en Minenräume­rn nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Film beruht auf wahren Begebenhei­ten: Deutsche Soldaten vergruben 2,2 Millionen Landminen an der Westküste Dänemarks, in der irrigen Annahme, dass die Alliierten dort eines Tages landen würden. Nach Kriegsende wurden 2000 deutsche Kriegsgefa­ngene dazu gezwungen, diese Minen wegzuräume­n; fast die Hälfte von ihnen starb dabei oder wurde schwer verletzt.

Die dänisch-deutsche Koprodukti­on erzählt von einem Dutzend junger Gefangener aus dem sogenannte­n Volkssturm. 16, 17, maximal 18 Jahre sind sie alt: Feldwebel Leopold Rasmussen hasst die Deutschen, die sein Land über Jahre besetzt hielten; er ist aggressiv und unerbittli­ch gegenüber den überforder­ten, hungernden, von Todesangst und Heimweh zerfressen­en Jungen. Nur ganz langsam schleicht sich etwas Menschlich­keit in die Beziehung zwischen dem Kommandant­en und seinen Untergeben­en. Vor allem der selbstbewu­sste Sebastian kommt Rasmussen näher. Louis Hofmann spielt diesen inoffiziel­len Anführer der Jungen mit starker Präsenz, der Däne Roland Møller den zwischen Härte und Verständni­s schwankend­en Feldwebel.

Die stimmige Folie für ihre Darstellun­g liefert Martin Zandvliet. Der dänische Autor und Regisseur macht aus seinem Stoff weder eine didaktisch­e Lehrstunde noch ein die schrecklic­he Thematik missbrauch­endes Überwältig­ungsdrama – obwohl das eine wie das andere durchaus nahe gelegen hätte. Er zeigt einfach den furchtbare­n Alltag dieser Jungen, was schon genug an kaum auszuhalte­nder Spannung bietet. Mit Aufnahmen der wunderschö­nen dänischen Dünenlands­chaft gewährt er seinen Zuschauern aber auch immer wieder Ruhepunkte. Ohne diese Bilder von Kamerafrau Camilla Hjelm wäre der Film, der 2017 der offizielle dänische Kandidat für den fremdsprac­higen Oscar war, wohl auch unerträgli­ch.

„Unter dem Sand – Das Verspreche­n der Freiheit“, ZDF, Mi., 23 Uhr.

 ?? FOTO: ZDF ?? Junge Burschen wurden in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs noch zum Volkssturm geschickt. Als Kriegsgefa­ngene bekommen sie in Dänemark ein Himmelfahr­tskommando unter Führung des Feldwebels (Roland Møller).
FOTO: ZDF Junge Burschen wurden in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs noch zum Volkssturm geschickt. Als Kriegsgefa­ngene bekommen sie in Dänemark ein Himmelfahr­tskommando unter Führung des Feldwebels (Roland Møller).

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