Rheinische Post Langenfeld

Chemie-Azubis lernen in der Minifabrik

Currenta investiert zwei Millionen Euro in ein Übungs-Technikum. NRW-Arbeitsmin­ister Laumann eröffnet Anlage.

- VON BERND BUSSANG

LEVERKUSEN Vom Lehrling zum Minister: Karl-Josef Laumann hat es vorgemacht. Vielleicht war es für den NRW-Arbeitsmin­ister, dessen Karriere als Maschinens­chlosser begann, auch deshalb ein „besonders schöner Termin“, wie der CDU-Politiker selbst sagte. Auch die Zahlen, die Currenta-Geschäftsf­ührer Alexander Wagner nannte, beeindruck­ten Laumann sichtlich: 850 Plätze für Azubis in 20 Berufen bietet Currenta im Chempark für das Ausbildung­sjahr an, doch die Nachfrage ist weit größer: 18.000 Bewerber interessie­ren sich für den Berufseins­tieg im Leverkusen­er Chemiepark. „Das zeigt doch, dass die Chemie ein attraktive­r Arbeitgebe­r ist“, sagte der Arbeitsmin­ister.

Damit das auch so bleibt, hat Currenta kräftig investiert: Im Berufsbilu­ngszentrum des Chemparks entstand in 18 Monaten Bauzeit das „MultiPlant­Center 4.0“. In dieser neuen Ausbildung­s-„Fabrik“ist auf 220 Quadratmet­ern ein volldigita­lisierter Übungsparc­ours entstanden, auf dem Azubis Produktion­sabläufe aus Technik und Labor ausprobier­en können.

Die technische Anlage ist eine Fabrik im Kleinforma­t: Glasbehält­er, Röhren, Ventile, Schrauben, Dichtungen und Klemmen werden von schweren Eisenstang­en gehalten und über einen großen Monitor gesteuert. Eine Anlage simuliert etwa die Produktion von Biodiesel, erklärt Ausbilder Darius Duda. Welche Stoffe braucht man dazu? Wie werden sie zusammenge­führt? Welche Schutzmaßn­ahmen sind nötig? Für die Azubis heißt es: „Tablet statt Tafel“. Auf ihren Tablets können sie Schaltbild­er, Grafiken und Texte abspeicher­n und das Gelernte übertragen.

„Hier lernen wir im kleinen Maßstab, was wir zu tun haben“, erklärt

Annette Wurm. Die 25-Jährige ist Auszubilde­nde im zweiten Lehrjahr und war bisher in der Verbrennun­gsanlage eingesetzt. „Wir erhalten Arbeitsauf­träge und arbeiten selbststän­dig“, sagt sie. Das wäre aufgrund der Produktion­sgefahren und -risiken so im laufenden Betrieb nicht möglich. „Hier dürfen wir aber Fehler machen und lernen daraus“, sagt die angehende Chemikanti­n. Die 25-Jährige ist als Frau immer noch in der Minderheit, doch auch Ausbilder Duda weiß: „Der Chemieberu­f ist längst kein Malocherjo­b mehr.“Die Zahl der weiblichen Azubis nehme zu. Duda: „Das ist gut fürs Team.“

In die neue „Ausbildung­sfabrik“hat Currenta mehr als zwei Millioen Euro investiert. Bürgermeis­ter Bernhard Marewski wertete das als „wichtige Investitio­n in die Zukunft des Standorts“. Minister Laumann bekannte sich als „großer Anhänger der dualen Berufsausb­ildung“, macht sich zugleich aber Sorgen um sie. Der zunehmende „Drang der Jugend“an die Fachhochsc­hulen und Universitä­ten mache es den Ausbildung­sbetrieben schwer. Laumann: „Die Frage ist: Wie können wir die Abiturient­en für die duale Ausbildung gewinnen?“Diese auch in den Handwerksb­erufen auf modernen technische­n Stand zu bringen gehöre zu den wichtigen Aufgaben auch der Landesregi­erung.

Currenta-Geschäftsf­ührer Wagner hatte schließlic­h noch zwei Wünsche an den Minister: Jugendlich­e müssten in den Schulen stärker an Naturwisse­nschaft und Technik herangefüh­rt werden. „Da sehen wir starke Defizite.“Und: Berufsorie­ntierung müsse in den Lehrplänen mehr berücksich­tigt werden. Wagner: „Wir sollten die duale Ausbildung als Alternativ­e zum Abi anbieten.“

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FOTOS: RALPH MATZERATH NRW-Arbeitsmin­ister Karl-Josef Laumann und Currenta-Geschäftsf­ührer Alexander Wagner (rechts) eröffneten die neue Ausbildung­sanlage im Chempark.
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Zahlreiche Auszubilde­nde waren dabei, als die neue Ausbildung­sfabrik im Chempark ihrer Bestimmung übergeben wurde.

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