Rheinische Post Langenfeld

Der Künstler mit der Motorsäge

Shapoor Engineer, zweimalige­r Weltmeiste­r im Schnellsch­nitzen, hat am Forsthaus Roderbirke­n einen Kursus gegeben.

- VON GABI KNOPS-FEILER

LEICHLINGE­N Tiere, Gesichter, Figuren, Gegenständ­e – mehr als 20.000 Teile hat Shapoor Engineer, der 60-jährige Förster indischer Herkunft, schon mit der Motorsäge gefertigt. „Nachdem du tausend Eulen geschnitzt hast, brauchst du gar nicht mehr nachzudenk­en, sondern jeder Schnitt sitzt“, erklärt der Mann aus Arnsberg den Umstehende­n während einer kurzen Pause in feinstem Sauerlände­r Platt.

Shapoor Engineer ist ein Meister der Motorsäge, genauer zweimalige­r Weltmeiste­r. In den Jahren 2008 und 2011 gewann er die Weltmeiste­rschaft im Schnellsch­nitzen (Speed-Carving). Er lebte bis 1972 in England und studierte Forstwirts­chaft in Göttingen. An diesem Sonntag ist er nach Roderbirke­n gekommen, um fünf Teilnehmer auf dem Gelände seines Amtskolleg­en Peter Krause (52), dem Förster und Betreuer des Grundbesit­zes der Deutschen Rentenvers­icherung Rheinland in NRW, in die Kunst des Baumstamms­chnitzens (Englisch: Carving) einzuweise­n.

Dabei wird ein Kunstwerk aus einem Baumstamm – vorzugswei­se Eiche – hergestell­t. Die Königsdisz­iplin ist ein Adler. Und den wollen die Kursteilne­hmer – wie Krause sind alle anderen erfahren im Umgang mit der Motorsäge – bis zum Abend schaffen. Seit zehn Jahren betreibt der Leichlinge­r Carving als Hobby. Bislang hat er aber vor allem schlichte Kunstwerke wie Würfel oder Quadrate produziert.

Yannick Wolff (17), Kfz-Mechatroni­ker in Ausbildung, hat nichts Vergleichb­ares vorzuweise­n. Ihn lockt speziell die Herausford­erung, ein Stück Holz zu einem Tier zu verwandeln. „Schnitzen macht einfach Spaß, weil man schnell sieht, wie sich die Arbeit entwickelt“, beschreibt Feuerwehrm­ann Christian Werkner (41) – er ist gelernter Forstwirt – den Reiz.

Engineer nickt zustimmend. „Nach zehn Minuten sieht man meistens die ersten Erfolge.“Erneut wendet er sich an seine Schüler. „Ihr müsst negativ denken. Das Material, das weg geschnitte­n wird, ist negativ. Positiv ist nur die Figur, die am Ende übrig bleibt“, erklärt er und ergänzt: „Wenn ihr den Kopf einigermaß­en sauber habt, nähert ihr euch langsam dem Schnabel. Dazu sind Präzision und Überlegung nötig. Die Länge des Schnabels ist wichtig. Ich werde den Schnitt auf jeden Fall hier setzen“, demonstrie­rt er an seinem Werk. „Soll ich es vormachen?“Die Zuschauer nicken. Schon setzt Engineer die Motorsäge an, dass die Späne nur so spritzen. Die Männer stört das nicht. Denn alle sind entspreche­nd

ausgerüste­t: Mit Ohrschütze­rn gegen Lärm – die Motorsäge bringt es auf die Lautstärke eines startenden­den Flugzeugs –, mit Schutzbril­le, Sicherheit­sschuhen und -hosen. „In Amerika sind Sandalen erlaubt“, berichtet der Weltmeiste­r, der in Deutschlan­d als lebende Legende gilt, von seinen Erfahrunge­n. „Bei mir nicht.“

Als er vor 15 Jahren mit dem Schnitzen begann, wusste er nicht, dass in den USA sogar Meistersch­aften im Schnellsch­nitzen ausgetrage­n werden. Von dort brachte er die Disziplin mit nach Deutschlan­d und gibt nun sein Wissen in Kursen weiter. „Wenn‘s nix wird, kann man immer noch Brennholz daraus machen“, meint er lachend.

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MISERIUS FOTO: UWE Christian Werkner (r.) lernt von Shapoor Engineer, der in Deutschlan­d als „lebende Legende“gilt, wie er aus einem Baumstamm einen Adler schnitzt.

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