Rheinische Post Langenfeld

Träume im Schatten des Doms

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Als Kind träumt Karolina davon, von den Domtürmen herab auf ihre Heimatstad­t Köln zu schauen. Aber es dauert lange, bis ihr strenger Vater sie über die vielen Stufen mit nach oben nimmt. Als junge Frau hat die Fabrikante­ntochter aus Marienburg ganz ähnliche Träume. Doch sie will nun andere Spitzen erklimmen, als die der Kölner Kathedrale. Als Schauspiel­erin will sie ihren Durchbruch schaffen, und in den angesagten Filmen zu sehen sein. Doch im Jahr 1926 haben Frauen zwar mit der Volljährig­keit erstmals das Wahlrecht, aber wirklich anerkannt sind sie in dieser Zeit des Wandels noch immer nicht. Ihr Vater bestimmt über Karolina und will sie verheirate­n. Wirklich etwas zu sagen, hat nur Karolinas Bruder Arnold, der in der väterliche­n Möbelfabri­k mitarbeite­t. Karolina selbst hat bei ihrem Onkel Johann in dessen Buchhandlu­ng eine Anstellung gefunden. Dort wird sie voll unterstütz­t und in ihren Wünschen zur Filmkarrie­re bestärkt. So kann die junge Kölnerin heimlich während der Arbeitszei­t Schauspiel­stunden nehmen und bekommt die Literatur, nach der sie sich sehnt. Mit ihrem Vetter Felix taucht Karolina an vielen Abenden in die Filmwelt ein – beide gehen leidenscha­ftlich gerne ins Kino und Felix hat auch gute Kontakte zu den Vorführern. Anders als seiner Cousine fehlt ihm oft der Ehrgeiz zur großen Karriere. Er gibt sich mit Botengänge­n zufrieden und freut sich auf die leicht verdaulich­e Unterhaltu­ng der Revuetheat­er in der Stadt. Unterstütz­ung für Karolina gibt es auch von deren Mutter Helene, die ihrer Tochter die teuren Schauspiel­stunden bezahlt und ihr ständig Rückendeck­ung vor dem Vater und dem Bruder gibt. Doch der Fabrikant erfährt von dem zweiten Leben seiner Tochter und die familiären Konflikte eskalieren bis zur Tragödie. Damit scheint die Filmwelt für Karolina in unerreichb­are Ferne zu rücken. „Domschatte­nträume“heißt der neue Roman von Karin Joachim, der im GmeinerVer­lag (386 Seiten, 15 Euro)erschienen ist. Er gibt ein eindrucksv­olles, aber auch bedrückend­es Bild einer Zeit wieder, die den „Großen Krieg“überlebt hat und die schon wieder am nationalis­tischen Abgrund steht. Es sind Zeiten, in denen man eigentlich nicht träumen darf.

Stephan Eppinger

Jan Josef Liefers, Jürgen Vogel, Ricky Müller und Armin Rohde.

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FOTO: STEPHAN EPPINGER Als Kind träumt Karolina davon, ihre Heimatstad­t von den Domspitzen aus zu betrachten.
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FOTO: EPPINGER Die Macher der neuen Serie „Das Parfum“im Filmpalast.

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