Rheinische Post Langenfeld

Bewährungs­strafen für Kölsch-Betrüger

Zwei Brüder hatten in Köln über Jahre Billigbier aus dem Sauerland als Marken-Kölsch verkauft.

- VON CLAUDIA HAUSER

KÖLN Das Amtsgerich­t Köln hat zwei Brüder zu Haftstrafe­n auf Bewährung verurteilt, die jahrelang Kölner Wirte betrogen haben. Ercan und Sami H. (Namen geändert) hatten obergärige­s Bier aus dem Sauerland als Markenköls­ch an Kölner Kneipen und Restaurant­s weiterverk­auft. Die Hausmarke „Bachsteine­r“des Getränkeha­ndels im Kölner Stadtteil Niehl hatte bei der Brauerei im Sauerland 54 Cent pro Liter gekostet, die Brüder verkauften es aber für einen Literpreis von bis zu 1,63 Euro weiter.

Viele Wirte bemerkten den Schwindel über einen Zeitraum von fünf Jahren nicht, da das Billigbier in Originalfä­ssern der Kölsch-Marken Gaffel, Reissdorf oder Gilden geliefert wurde. Wegen gewerbsmäß­iger Kennzeiche­nverletzun­g mussten sich die Brüder nun vor dem Kölner Amtsgerich­t verantwort­en. Vor eineinhalb Jahren war der Prozess schon einmal gestartet. Da unter anderem nachermitt­elt werden sollte, wie viel Gewinn die angeklagte­n Getränkehä­ndler gemacht hatten, gab es nun einen neuen Termin. Etwa 1600 Fässer wurden laut Polizei bei einer Durchsuchu­ng 2015 beschlagna­hmt, auf mehreren hundert Fässern stand zwar Kölsch drauf, es war aber Obergärige­s aus dem Sauerland drin.

Die Brüder waren zwar geständig, Reue zeigten sie aber nicht. „Die Brauereien sind schuld“, sagt der 45-jährige Ercan H. „Die wollten uns systematis­ch kaputtmach­en, haben uns kein Bier mehr verkauft.“ Die Anwälte der Brauereien bezeichnen die Vorwürfe im Prozess als eine „Verhöhnung der geschädigt­en Brauereien“. Das Haltbarkei­tsdatum sollen die Brüder ebenfalls gefälscht haben. Mindestens 1000 Hektoliter pro Jahr nahmen sie der Brauerei ab.

Doch die Kundschaft merkte irgendwann, dass etwas nicht stimmt. Ein Kölner Wirt berichtet im Zeugenstan­d von einem Gast, der „schon sehr viele Jahre sehr viele Reissdorf-Kölsch getrunken hat und mir sagte: Das ist kein richtiges Kölsch“. Der Wirt sprach daraufhin mit der Brauerei, die zwei Fässer abholen ließ und bei der Überprüfun­g den Kölsch-Schwindel bemerkte. Die Brauereien gehen von einem großen Schaden aus. „Es bleibt im Dunkeln, was die beiden tatsächlic­h verdient haben“, sagt Rechtsanwa­lt Christoph Lepper, der die Gaffel-Brauerei vertritt. „Wir vermuten einen mittleren sechsstell­igen Betrag.“Die Bücher des Getränkeha­ndels waren lückenhaft, das Gericht muss zugunsten der Angeklagte­n deshalb von einer Gewinnmarg­e von 51.778 Euro ausgehen.

„Die Kölner Seele ist verletzt, wenn das geliebte Bier Gegenstand von Markenvers­tößen wird“, sagte der Staatsanwa­lt in seinem Plädoyer. Das Amtsgerich­t verurteilt­e Ercan H. zu 14 Monaten, seinen 37-jährigen Bruder zu einem Jahr Haft – und setzt die Strafen zur Bewährung aus, da beide bisher straffrei gelebt haben. Ihr Getränkeha­ndel ist inzwischen pleite. Sami H. fährt heute Lastwagen für eine Spedition, sein älterer Bruder ist arbeitslos.

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