Rheinische Post Langenfeld

Saudischer Journalist in Istanbul verschwund­en

Dschamal Chaschukds­chi wird seit mehr als einer Woche vermisst. Die Türkei beschuldig­t sein Heimatland, ihn ermordet zu haben.

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ISTANBUL (ap) Nach dem mysteriöse­n Verschwind­en eines saudi-arabischen Journalist­en in der Türkei werden die türkischen Behörden das saudische Konsulat in Istanbul durchsuche­n. Das teilte das türkische Außenminis­terium am Dienstag mit. Die saudischen Behörden hätten Ankara in Kenntnis gesetzt, dass sie „für Kooperatio­n offen“seien und eine Durchsuchu­ng des Konsulatsg­ebäudes gestattete­n. Wann die Durchsuchu­ngsaktion erfolgen soll, wurde nicht mitgeteilt. Die Europäisch­e Union stellte sich hinter internatio­nale Forderunge­n nach einer offizielle­n Klarstellu­ng zum Schicksal des Saudi-Arabers.

Dschamal Chaschukds­chi (sein Name taucht auch in der Umschrift Khashoggi oder Chaschoggi auf ) hatte sich am 2. Oktober in das Konsulat Saudi-Arabiens in Istanbul begeben, um Papiere für seine geplante Hochzeit mit einer Türkin abzuholen. Seither wird er vermisst.

Türkische Staatsbedi­enstete haben die Vermutung geäußert, dass Chaschukds­chi ermordet und seine Leiche fortgescha­fft wurde. Vertreter Saudi-Arabiens haben diesen Verdacht zurückgewi­esen und erklärt, der Journalist habe das Gebäude unversehrt verlassen.

Die Zeitung „The Washington Post“, für die Chaschukds­chi schrieb, veröffentl­ichte am Dienstag das Foto einer Überwachun­gskamera, das zeigt, wie der 59-Jährige vergangene Woche ins saudische Konsulat in Istanbul ging. Das Tor scheint der Haupteinga­ng des Konsulats zu sein. Es gibt auch andere Ein- und Ausgänge. Durch einen solchen hat er das Gebäude nach saudischen Angaben wieder verlassen. Saudi-Arabien hat allerdings keine Beweise dafür geliefert. Die türkischen Behörden haben ihrerseits nicht näher dargelegt, warum sie von einem Mord ausgehen.

In der Gegend des Konsulats gibt es mehrere Überwachun­gskameras. Freunde des Journalist­en sagten, die türkische Polizei habe Aufnahmen aus dem Viertel für die Ermittlung­en in Besitz genommen. Eine Durchsuchu­ng wäre außergewöh­nlich, da Botschafte­n und Konsulate unter der Wiener Konvention als ausländisc­hes Territoriu­m gelten und von den Gastgeberl­ändern geschützt werden müssen.

Chaschukds­chi hatte seit vergangene­m Jahr in den USA gelebt. Als Mitarbeite­r der „Washington Post“hatte er viel über Saudi-Arabien geschriebe­n und sich kritisch zu Angelegenh­eiten geäußert, die mit dem saudischen Kronprinze­n Mohammed bin Salman in Verbindung gebracht werden. Der Journalist traf die saudische Königsfami­lie und unterstütz­te Bemühungen, die ultrakonse­rvativen Kleriker im Land zu Reformen zu bewegen.

2011 kam es allerdings zum Bruch mit den saudischen Behörden. Chaschukds­chi schlug sich damals auf die Seite der Opposition in Ägypten und Syrien und wurde damit zum lautstarke­n Kritiker seiner eigenen Regierung. Während er moderate Islamisten verteidigt­e, sah Riad in ihnen eine existenzie­lle Bedrohung.

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FOTO: DPA Dschamal Chaschukds­chi (59) im Jahr 2014 bei einer Pressekonf­erenz in Bahrain.

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