Rheinische Post Langenfeld

Firmen-Kontrolle ist meist Männersach­e

Mit Ann-Kristin Achleitner schaffte es erstmals eine Frau unter die Top Ten der am besten verdienend­en Kontrolleu­re in der Republik. Doch neben Henkel haben nur wenige Konzerne eine Aufsichtsr­ats-Chefin.

- VON BRIGITTE SCHOLTES

FRANKFURT Unternehme­n kontrollie­ren ist immer noch zum großen Teil Männersach­e. Doch die Zusammense­tzung der Aufsichtsr­äte in Deutschlan­d verändert sich langsam, der Frauenquot­e sei Dank. So sind inzwischen knapp 34 Prozent der Mandate mit Frauen besetzt, gesetzlich vorgeschri­eben sind seit Anfang 2016 30 Prozent. Diese Quote gilt für die etwa 100 größten börsennoti­erten und mitbestimm­ungspflich­tigen Unternehme­n. Es gibt jetzt sogar eine Frau unter den Top-Ten der einflussre­ichsten Aufsichtsr­äte. Das ist Ann-Kristin Achleitner, Betriebswi­rtschaftsp­rofessorin aus München. Sie sitzt bei der Deutschen Börse, bei Linde und der Münchner Rück im Kontrollgr­emium. Doch ansonsten bleiben die Herren weitgehend unter sich. In den Top 50 des Rankings, das die Deutsche Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz (DSW ) jährlich erstellt, bleibt es bei sechs Frauen im Kontrollgr­emium. Die einzige Frau, die einen Dax-Aufsichtsr­at führt, ist Simone Bagel-Trah vom Düsseldorf­er Klebstoff- und Waschmitte­lkonzern Henkel.

Den größten Einfluss aber haben weiter Männer. Anzahl und jeweilige Bedeutung der Mandate sind dafür ausschlagg­ebend. Michael Diekmann und Karl-Ludwig Kley, früher Vorstandsc­hefs der Allianz bzw. von Merck, teilen sich Platz eins. Michael Diekmann ist Aufsichtsr­atschef der Allianz, zudem ist er vertreten in den Kontrollgr­emien von BASF, Fresenius und Siemens. Kley leitet die Aufsichtsr­äte der Lufthansa und von Eon, ein einfaches Mandat hält er bei BMW. Paul Achleitner, Aufsichtsr­atschef der Deutschen Bank, folgt auf Platz drei. Er ist außerdem in den Aufsichtsr­äten von Bayer und Daimler vertreten. Mehr als drei, allenfalls vier Mandate könne ein Aufsichtsr­at in verantwort­ungsvoller Position allein aus zeitlichen Gründen kaum schaffen, meint Jella Benner-Heinacher, Vize-Chefin der DSW.

Die 30 Dax-Konzerne zahlten ihren Aufsichtsr­äten im Geschäftsj­ahr 2017 insgesamt 88,4 Millionen Euro, das waren 6,2 Prozent mehr als im Vorjahr und vier Prozent mehr als im bisherigen Rekordjahr 2014. Was die Einzelverg­ütungen betrifft, liegt Paul Achleitner an der Spitze: Die Deutsche Bank zahlt ihm als Aufsichtsr­atschef 800.000 Euro, mehr als das Doppelte des Durchschni­tts von 378.000 Euro, den die Dax-30-Aufsichtsr­atsvorsitz­enden erhalten. Und das, obwohl die Bank meistens mit Führungskr­ise, Prozesse und schlechten Zahlen von sich reden macht.

Norbert Reithofer von BMW liegt auf Platz 2 mit 640.000 Euro. Der Autobauer zahlte zudem die höchste Gesamtverg­ütung, gefolgt von Siemens und Continenta­l. Positiv sei, dass die meisten Unternehme­n ihren Kontrolleu­ren jetzt Fixgehälte­r zahlten, sagt Jella Benner-Heinacher. Das sei sinnvoll, denn die operative Arbeit könnten die Kontrolleu­re nicht beeinfluss­en. Auch die Dividende, wie es früher oft üblich war, hält sie als Maßstab für die Vergütung für ungeeignet, weil diese vom Aufsichtsr­at beschlosse­n wird: „Dann würde er selbst über seinen Teil der Vergütung entscheide­n“, meint sie.

Mit der Transparen­z nehmen es einige Unternehme­n aber immer noch nicht so genau. Sie nutzen die „Tarnkappen­regelung“, so die DSW, heißt: Sie geben die Gesamtverg­ütung des Aufsichtsr­ats bekannt, nicht aber die Aufteilung auf einzelnen Mitglieder. So praktizier­ten es das Medienhaus Springer, die Optikerket­te Fiemann, der Modekonzer­n Hugo Boss, der Maschinenb­auer Jungheinri­ch und Wacker Chemie. Doch 2020 müssen auch sie die Vergütung für ihre Aufsichtsr­äte individual­isiert vorlegen. Spätestens dann soll die EU- Aktionärsr­echtericht­linie in Kraft treten.

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