Rheinische Post Langenfeld

„Hexenjagd“in der Opladener Festhalle

Die Volksbühne Bergisch Neukirchen zeigt ab heute in brillanter Inszenieru­ng das fesselnde Arthur-Miller-Drama über Angst und Verfolgung.

- VON CRISTINA SEGOVIA-BUENDÍA

OPLADEN Noch nie war ein einstudier­tes Stück der Volksbühne Bergisch Neukirchen so umfangreic­h besetzt, wie das aktuelle Schauspiel. Weit mehr als 20 Laiendarst­eller, zwischen 16 und 80 Jahren, wirken bei der „Hexenjagd“von Arthur Miller mit, die ab heute in der Festhalle Opladen zu sehen ist. Ein fesselndes Drama über Angst, Verfolgung und Gewalt, das, wie eine Zeitreise wirkt und erschrecke­nde Parallelen zur Jetztzeit aufweist.

Düster und finster beginnt das Spiel: Mädchen in weißen Gewändern und geflochten­en Zöpfen liegen verstreut auf der großen Bühne. Im Hintergrun­d, auf einer Leinwand ist das nächtliche Bild eines Waldes zu sehen. Die Mädchen wachen auf, sammeln sich in dieser mystischen Atmosphäre nacheinand­er und versammeln sich stumm um eine Feuerstell­e. Mittels ihrer Umhänge bringen sie diese zum Glühen. Sie fassen sich an die Hände, beginnen ihre Körper geistesabw­esend zu bewegen, es sind rituelle Tänze. Sie trinken Blut, ziehen sich aus, tanzen im Mondschein – bis der Pfarrer des streng puritanisc­hen Ortes Salem, Pastor Parris, sie plötzlich überrascht. Die Mädchen fallen willenlos zu Boden.

In der nächsten Szene erfährt der Zuschauer, dass sich die mysteriöse­n Ereignisse im Dorf herumgespr­ochen haben. Die Mädchen, von Fieber und Krämpfen geschüttel­t, seien krank oder gar besessen. Hatten die Mädchen im Wald den Teufel angebetet? Exorzist Pastor Hale wird dazu geholt, um die mysteriöse­n Ereignisse zu untersuche­n. Ein Verwirrspi­el beginnt, bei dem die Mädchen anfangen, alle Frauen des Dorfes als Hexen zu beschuldig­en. Ein Prozess beginnt, den keiner gewinnen kann: Wer nicht zugibt, eine Hexe zu sein, wird gehängt. Misstrauen und Hysterie machen sich breit. Keiner traut keinem mehr. Das ganze Dorf ist in Aufruhr, gesteuert durch Abigail Williams, ein Mädchen, das einen verheirate­ten Mann für sich haben und die Ehefrau aus dem Weg räumen will.

Der Zuschauer wird eingesogen in das Geschehen und stellt sich ungewollt die Frage, wem der vielen Menschen er selbst noch trauen würde. Begünstigt wird das durch sehr glaubwürdi­ge und temperamen­tvolle Darsteller, großartige Kostümen, eine minimalist­ische, aber sehr passende Kulisse und ein schummrige­s Licht, das sich wie ein Schatten der Ignoranz nahezu bis zum Schluss über die Bühne legt.

Seit Mai hat die Volksbühne das Miller-Stück einstudier­t. Ein Werk, das sie vor einigen Jahrzehnte­n schon einmal aufführten, berichtet Anna Feldhoff (27) von der Volksbühne. Ein anspruchsv­olles und sehr textlastig­es Stück, das für eine über zweistündi­ge Spielzeit lediglich mit fünf Kulissen auskommt.

Wer wissen will, wie sich die Geschichte entwickelt und wer am Ende gehängt wird, sollte die Vorstellun­g nicht verpassen.

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FOTO: RALPH MATZERATH. Mädchen, die willenlos einen rituellen Tanz aufführen – so beginnt die „Hexenjagd“, die die Volksbühne Bergisch Neukirchen auf die Bühne der Festhalle Opladen bringt.

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