Rheinische Post Langenfeld

Minister kritisiert falsche Polizeiaut­os

Immer mehr Firmen lassen ihre Autos im Polizei-Look lackieren: erlaubt, aber nicht gerne gesehen. NRW-Innenminis­ter Herbert Reul räumt ein: „Zurzeit haben wir keine Handhabe dagegen.“

- VON PETER CLEMENT

HILDEN/DÜSSELDORF Die Polizisten, die vor einiger Zeit bei einer Verkehrsko­ntrolle mit Schwerpunk­t Alkohol und Drogen im Kreis Flensburg eingesetzt waren, dürften wohl zunächst geglaubt haben, sie seien selbst im Vollrausch. Denn ein vermeintli­cher Streifenwa­gen, der auf sie zufuhr, entpuppte sich auf den zweiten Blick als „Spaßmobil“. Statt des gewohnten Schriftzug­s stand nämlich der Buchstaben­dreher „Pozilei“auf beiden Türen des Fahrzeugs zu lesen. Dass die Insassen auch noch Rauschmitt­el konsumiert hatten, fiel da fast schon weniger ins Gewicht.

Es ist nicht der einzige Fall von „Etikettens­chwindel“mit dem Begriff Polizei – die zunehmende Verwendung von Farben und Symbolen der Ordnungshü­ter in anderen Zusammenhä­ngen löst inzwischen selbst in Regierungs­kreisen einiges Kopfschütt­eln aus. „Die Innenminis­ter-Konferenz der Länder hat sich mit diesem Thema bereits beschäftig­t“, berichtet NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) auf Anfrage unserer Redaktion. Ergebnis: „Wir haben keine Handhabe dagegen.“

Wie leicht eine solche Lackierung tatsächlic­h zu bekommen ist, zeigt ein Anruf bei einer Hildener Autolackie­rer-Werkstatt. Der vermeintli­che Kunde fragt, ob die Firma sein Auto in Polizei-Optik lackieren kann. „Kein Problem“, versichert der Kfz-Meister am Telefon: „Sie müssen nur darauf achten, dass nirgendwo das Wort Polizei auftaucht. Aber die blauen Streifen und alles andere können wir gerne anbringen.“Angebot für eine Komplettla­ckierung: etwa 3000 Euro, je nach Fahrzeuggr­öße.

Immer mehr Privatleut­e, aber auch Firmen nutzen das Überraschu­ngsmoment, das ein Fahrzeug in Polizei-Optik hervorruft, für eigene Werbezweck­e. In der Stadt Leichlinge­n beispielsw­eise ist Maler Lutz Gusowski inzwischen daran gewöhnt, dass Autofahrer, die ihm entgegenko­mmen, abrupt in die Bremse steigen oder blitzschne­ll das Handy vom Ohr nehmen.

Ein bisschen Absicht stecke durchaus hinter der Lackierung, sagt der Unternehme­r. Denn die Wiedererke­nnungswert­e für seinen Betrieb seien extrem hoch. „Mein Auto prägt sich einfach ein“, merkte Gusowski unlängst in einem Interview mit unserer Redaktion an. Statt des Schriftzug­s „Polizei“prangt seine Internetad­resse auf der Motorhaube. Auch auf den blauen Streifen der Seite der Karosserie steht „maler-nrw.de“.

Auch der Düsseldorf­er Polsterer Lothar Gläser nutzt einen Firmenwage­n in der Optik der Ordnungshü­ter – nur dass bei ihm Polizei durch das Wort „Polsterei” ersetzt wird: „Es kommen schon viele Leute auf mich zu, wenn sie den Wagen sehen. Die Reaktionen auf mein Auto waren aber bis jetzt durch die Bank weg positiv.“Durch die Lackierung habe er auch mehr Kunden bekommen, berichtete Gläser.

In der Hildener Autowerkst­att weist man Interessen­ten vorsorglic­h darauf hin, dass die blauen Streifen nicht reflektier­en dürfen und eben auch das Wort Polizei nirgendwo auftauchen darf: „Ansonsten ist alles legal.“

Das mag zutreffen. Aber ist es auch wünschensw­ert? Ulrich Löhe ist Sprecher der Polizei im Kreis Mettmann. Er sagt: „Ich persönlich finde das einfach nur unmöglich.” Der Werbegag sei nur eine Seite der Medaille: „Aber ich möchte die Leute mit solchen Autos mal erleben, wenn sich Bürger in Not plötzlich an sie wenden, weil sie glauben, sie hätten es mit Polizei zu tun. Da hört der Gag ganz schnell auf.”

Michael Mertens, Landesvors­itzender der Polizeigew­erkschaft GdP, ergänzt: „Mit solchen Autos wird man etwa am Wochenende abends in Köln oder Düsseldorf ganz schnell auch mal zum Ziel von Randaliere­rn, die es auf die Polizei abgesehen haben. Auch solche Effekte sollten sich die Inhaber vor Augen führen.“

Allerdings nimmt Mertens die Behörden nicht gänzlich aus der Verantwort­ung heraus: „Zum einen fahren viele städtische­n Ordnungsäm­ter inzwischen in Polizeiopt­ik durch die Straßen“, betont er. Zudem seien früher ausgemuste­rte Polizeifah­rzeuge ja auch einfach weiterverk­auft worden. Und ein Großteil der Lackierung sei dabei erhalten geblieben.

„Aber eben nicht die entscheide­nden Stellen, die auf die Polizei hindeuten“, hält Minister Reul dagegen. Er appelliert vor allem an die Vernunft: „Muss man wirklich jeden Werbegag mitmachen?“, fragt er. Spätestens, wenn sich Gewalt auf der Straße gegen das vermeintli­che Polizeifah­rzeug richte, wie es an den Wochenende­n in einigen Großstädte­n schon mal vorkommt, sei für manchen Spaßvogel nämlich Schluss mit lustig.

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FOTO: POLIZEI Bei einer Kontrollak­tion gegen Raser hat die Polizei ein Fahrzeug gestoppt, dass die Aufschrift „Pozilei“trug.
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FOTO: INBO In Leichlinge­n ist ein Auto eines Malerbetri­ebs wie ein Polizeiwag­en lackiert. Die bekannten Signalfarb­en sollen Aufmerksam­keit schaffen.

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