Rheinische Post Langenfeld

Milliarden­deal: IBM kauft Red Hat

Mit der Übernahme des Software-Anbieters will IBM auf einen Schlag zu einem wichtigen Player im Cloud-Geschäft werden. Die Börse hat der Plan noch nicht überzeugt. Der Kurs fiel am Montag deutlich.

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NEW YORK (dpa) Das Computer-Urgestein IBM will sich mit der bisher größten Übernahme der Firmengesc­hicht ein größeres Stück der IT-Ausgaben von Unternehme­n sichern. IBM lässt sich den Kauf des Linux-Spezialist­en Red Hat insgesamt rund 34 Milliarden Dollar (knapp 30 Milliarden Euro) kosten, wie die beiden Unternehme­n mitteilten. Software von Red Hat kommt unter anderem für den Betrieb von Cloud-Anwendunge­n zum Einsatz.

Mit 190 Dollar je Aktie bietet IBM einen satten Aufschlag von gut 60 Prozent auf den Red-Hat-Schlusskur­s vom Freitag. Der Preis schließt Schulden von Red Hat ein. IBM will dafür neben seinen Geldreserv­en auch auf Kredite zurückgrei­fen. Mit dem Abschluss des Deals rechnen die Unternehme­n im zweiten Halbjahr.. Alle 12.600 Mitarbeite­r von Red Hat sollten übernommen werden, sagte IBM-Chefin Ginny Rometty dem „Wall Stree Journal“.

Rometty will den IT-Dino zukunftssi­cher machen, indem sie wenig profitable alte Geschäftsb­ereiche schrumpft und dafür stärker auf Künstliche Intelligen­z und Cloud-Dienste setzt. Der Umbau der Gruppe hat den Umsatz des Urgesteins sechs Jahre lang sinken. Romettys Sanierungs­kurs schien zwischenze­itlich Früchte zu tragen, weil IBM drei Quartale in Folge mit Wachstum schaffte. Doch zuletzt gab es wieder ein Vierteljah­r mit sinkenden Erlösen, das setzte auch die Aktie des Unternehme­ns unter Druck. Die Übernahe-Ankündigun­g hat dem Kurs am Montag allerdings auch nicht geholfen. Die Aktie verlor knapp 3,5 Prozent.

Mit dem Kauf von Red Hat könnte IBM jetzt auf einen Schlag ein ganz wichtiger Player im Cloud-Geschäft werden. Dort gehören unter anderem Microsoft, Google und Amazon zu den Konkurrent­en. Microsoft hatte jüngst die von vielen Linux-Programmie­rern genutzte Entwickler­plattform GitHub übernommen. Der Kauf von Red Hat durch IBM habe das Potenzial, die Landschaft im Cloud-Geschäft zu verändern, versichert­en Rometty.:„IBM wird der weltweite Hybrid-Cloud-Anbieter Nummer eins.“Bei Cloud-Angeboten kommen Software und Dienste direkt aus dem Internet. Unter Hybrid-Cloud versteht man einen gemischten Betrieb von Cloud-Anwendunge­n und selbst betriebene­n Servern.“

Das Betriebssy­stem Linux, mit dem zum Beispiel viele Server in Rechenzent­ren laufen, ist eine sogenannte quelloffen­e Software. Das heißt, ihr Programmie­rcode ist öffentlich und kann von allen eingesetzt werden. Auf dieser Basis können Softwarean­bieter aber Instrument­e zur besseren Nutzung von Linux entwickeln. Red Hat wurde nach der Gründung vor rund 25 Jahren zu einem führenden Spezialist­en in diesem Geschäft. Es srtartete damals mit einer eigenen Linux-Variante, die vor allem auf Servercomp­utern verwendet wird. Heute erzielt das Unternehme­n seinen Umsatz vor allem mit seinem Softwarepa­ket und Serviceang­ebot Red Hat Enterprise Linux sowie anderen Technologi­en, die häufig in Rechenzent­ren eingesetzt werden. Mit dem Börsengang von Red Hat 1999 wurde auch Linux-Erfinder Linus Torvalds zum Millionär, da ihm Red-Hat-Gründer Marc Ewing aus Dankbarkei­t Aktienopti­onen zugesproch­en hatte.

In der Geschichte der US-amerikanis­chen IT-Industrie waren nur zwei Deals noch größer als die nun angekündig­te Übernahme. Vor zwei Jahren fusioniert­en für 67 Milliarden Dollar der Computerhe­rsteller Dell und der Speichersp­ezialist EMC. Im Jahr 2000, kurz vor dem Platzen der Dot-Com-Blase, hatte das Netzwerkun­ternehmen JDS Uniphase für 41 Milliarden Dollar SDL, einen Spezialist­en für optische Bauteile, geschluckt.

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