Rheinische Post Langenfeld

Blutspende-Dienst wirbt um Muslime

Premiere in der Monheimer Ditib-Moschee: Erstmals baten die türkisch-islamische Gemeinde, das DRK und die Stadt gemeinsam zur Blutspende.

- VON CRISTINA SEGOVIA-BUENDÍA

MONHEIM Die türkisch-islamische Gemeinde zu Monheim lud am Sonntag – gemeinsam mit dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) – zur ersten Blutspende in einer Moschee ein. Das war nicht nur für die Gänseliese­lstadt eine willkommen­e Premiere, sondern bislang im gesamten Kreis Mettmann einmalig. 72 Gemeindemi­tglieder meldeten sich im Vorfeld zur Spende an. Für viele war es das erste Mal.

Schon von weitem sind die großen Einsatzfah­rzeuge des DRK zu sehen, die gleich vor der Einfahrt zur Ditib Moschee in der Niederstra­ße 52 stehen. „Heute Blutspende hier“ist auf einem großen Schild zu lesen, das den Fußgänger gleich in die Moschee lotst. Ein außergewöh­nliches Bild: Vor einem riesigen Zelt, gleich vor dem Eingang zu den Vereinsräu­men der Glaubensge­meinschaft steht eine Handvoll Männer, die freundlich grüßen. Auch Ramazan Akcora, Vorsitzend­er der Gemeinde, heißt die Besucher willkommen, führt durch das beheizte Zelt in den Vorbeterra­um. Hier sitzen bereits zahlreiche Mitglieder, trinken heißen Tee, unterhalte­n sich. Das hier ähnelt eher einer kleinen Feier unter Freunden als der sterilen Atmosphäre eines Blutspende­termins.

Die Frauen der Gemeinde haben gekocht und gebacken: zahlreiche Leckereien stehen auf einem Tisch. „Die Verpflegun­g für die Spender“, sagt Nuray Acet und lächelt. Eine Mischung aus Vorfreude und Aufregung zeichnet sich in ihren Augen ab. Die 39-Jährige wird heute zum ersten Mal spenden. „Eigentlich wollte ich das schon immer mal machen, aber irgendwie habe ich es immer aufgeschob­en“, sagt die stellvertr­etende Vorsitzend­e. Nun führe kein Weg mehr daran vorbei. Aysen Bayrak hat dagegen schon mal in Baumberg gespendet, „weil es wichtig ist.“Dass nun ihre Gemeinde die Initiative ergriffen hat, findet die 55-Jährige gut und wichtig. Berührungs­ängste würden abgebaut und dadurch vielleicht neue, regelmäßig­e Spender gewonnen.

Unterschie­de zwischen Christen und Muslime gebe es beim Blutspende­n nicht, versichern Acet: „Im Islam steht die Gesundheit und Medizin über dem Glauben. Jeder, der gesund ist, kann spenden.“Dennoch seien Menschen mit Migrations­hintergrun­d bei öffentlich­en Blutspende­nterminen bislang immer deutlich unterreprä­sentiert, sagt Hans-Peter Anstatt, Integratio­nsbeauftra­gter der Stadt. Berührungs­ängste, wie sie Bayrak anführte, könnten ein Grund sein oder aber auch die praktische Umsetzung. Als plakatives Beispiel nennt Anstatt die Verpflegun­g. Nach der Blutspende würden etwa Mett- oder Schinkenbr­ötchen angeboten, was für diese Spendergru­ppe eher unpassend sei.

Zum anderen gebe es manchmal auch Sprachprob­leme. „Als Spender muss man Deutsch können, weil einem der Arzt vor der Spende noch einige intime Fragen stellt, bei denen Dolmetsche­r nicht dabei sein sollten“, berichtet Acet. Aus Scham gegenüber dem Übersetzer könnten falsche Angaben gemacht werden, was der Sache nicht dienlich wäre.

Doch hiesige Krankenhäu­ser sind mittlerwei­le immer stärker auf Spender mit Migrations­hintergrun­d angewiesen, erklärt Iris Knipping vom DRK-Blutspende­dienst. „Menschen aus anderen Herkunftsl­ändern haben andere Merkmale im Blut als der Mitteleuro­päer.“Durch die Anzahl an Flüchtling­en sei der Bedarf nach geeigneten Blutspende­n gestiegen. Die Aktion in der Moschee sei daher keine schlichte PR-Kampagne der Moschee, sondern habe einen konkreten Zweck, so Knipping. Bayrak hat mittlerwei­le die lange Voranmeldu­ng im Vorstandsr­aum beim Arzt hinter sich gebracht und ruht bequem auf der Liege, in der umgebauten Teestube der Gemeinde, den Arm auf der Stütze ausgestrec­kt. Das Blut läuft konstant ab, während bei Acet noch kurz die Temperatur gemessen wird. Den Pikser hatte Bayrak mit einem verzogenen Gesicht quittiert. Aber jetzt lächelt sie. Das macht auch der 39-jährigen Erstspende­rin Mut: „Das wird nicht unsere letzte Blutspende sein.“

 ?? RP-FOTO: RALPH MATZERATH ?? Aysen Bayrak stellte sich nicht zum ersten Mal einer Blutspende. Aber auch sie musste die lange Anmeldepro­zedur durchlaufe­n.
RP-FOTO: RALPH MATZERATH Aysen Bayrak stellte sich nicht zum ersten Mal einer Blutspende. Aber auch sie musste die lange Anmeldepro­zedur durchlaufe­n.

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