Rheinische Post Langenfeld

Flügelkamp­f um den CDU-Vorsitz

Mit dem früheren Unionsfrak­tionschef Friedrich Merz ringen nun drei prominente Kandidaten um Merkels Erbe. Der CDU steht eine Richtungse­ntscheidun­g bevor.

- VON KRISTINA DUNZ UND EVA QUADBECK

BERLIN Den Christdemo­kraten droht nach Angelas Merkels angekündig­tem Verzicht auf den Vorsitz eine Zerreißpro­be um die Neuausrich­tung der Partei. Neben CDU-Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r und Gesundheit­sminister Jens Spahn will nun auch der frühere Unionsfrak­tionschef Friedrich Merz für den Chefposten kandidiere­n. Der 62-Jährige erklärte am Dienstag schriftlic­h, er habe sich dazu „nach reiflicher Überlegung und nach zahlreiche­n Gesprächen“entschloss­en. Eine zunächst geplante Pressekonf­erenz hielt er aber nicht ab und entzog sich damit auch den Fragen der Hauptstadt­journalist­en.

Damit stehen sich in der ersten Kampfkandi­datur in der Geschichte der Partei der liberale und der konservati­ve Flügel gegenüber. Es wird mit einem harten fünfwöchig­en internen Ringen bis zum Parteitag in Hamburg Anfang Dezember gerechnet. Vertreter der Konservati­ven befürchten eine Schwächung ihrer Gruppe, wenn sowohl Merz als auch Spahn antreten. Der Vorsitzend­e der Seniorenun­ion, Otto Wulff, mahnte: „Wir brauchen jemanden an der Parteispit­ze, der oder die mit der Kanzlerin zusammenar­beiten kann. Einen Streit, wie wir ihn zwischen Merkel und Seehofer erlebt haben, können wir nicht noch einmal gebrauchen.“

Merz forderte in seiner Erklärung „Aufbruch und Erneuerung mit erfahrenen und mit jüngeren Führungspe­rsönlichke­iten“sowie den inneren Zusammenha­lt der CDU. Während sich der CDU-Wirtschaft­srat voll hinter Merz stellte und dessen Integratio­nskraft lobte, hieß es in Parteikrei­sen, Merz sei kein Mannschaft­sspieler. Außerdem sei er seit 2009 aus dem Bundestag ausgeschie­den und habe die Partei gern „von außen“kritisiert.

Dagegen erklärte der Generalsek­retär des Wirtschaft­srates, Wolfgang Steiger, Merz habe schon als Fraktionsv­orsitzende­r – von 2000 bis 2002 – immer alle verschiede­nen innerparte­ilichen Positionen gut integriere­n können. Steiger sagte unserer Redaktion: „Es sind mitnichten nur die Zuwanderun­gspolitik und die innere Sicherheit, sondern es ist auch die mangelhaft­e Ausrichtun­g auf die soziale Marktwirts­chaft, die Unionswähl­er seit 2013 in verschiede­ne Richtungen getrieben hat.”

Andreas Schmitz, der Aufsichtsr­atsvorsitz­ende des Düsseldorf­er Bankhauses HSBC Trinkaus, in dessen Aufsichtsr­at Merz sitzt, beschreibt dem potenziell­en künftigen CDU-Chef als „sehr kompetent sowohl in wirtschaft­s- wie finanzpoli­tischen Fragen“. Merz sei „einer, der Wirtschaft nicht nur vom Zuschauen kennt, jemand, der abgewogen urteilt und entscheide­n kann“, urteilt der Banker.

Die meisten führenden Parteimitg­lieder hielten sich am Dienstag zurück und nannten keine Favoriten. Sie verwiesen auf die Klausurtag­ung des Vorstands am 4. und 5. November, die die Kandidaten­kür kanalisier­en und Spielregel­n für den parteiinte­rnen Wettbewerb festlegen soll.

Integratio­nskraft und die politisch breite Aufstellun­g gelten vielen führenden Parteimitg­liedern als Schlüsselq­ualifikati­onen für die neue Person an der Spitze der Christdemo­kraten. So betonte auch der Vorsitzend­e des CDU-Arbeitnehm­erflügels, Karl-Josef Laumann: „Für den Parteivors­itz brauchen wir eine Person, die die ganze Bandbreite der Volksparte­i abbildet.“

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