Rheinische Post Langenfeld

Lächeln im hohen Norden

Ursula von der Leyen besucht die Bundeswehr im Nato-Manöver in Norwegen. Eine Gelegenhei­t, der Truppe gute Noten zu geben – und sich selbst.

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VOM NILS RÜDEL

RENA „Jetzt aber mal keine Fotos machen“, ruft Ursula von der Leyen und strahlt. Sie blickt kurz nach oben, dann klettert sie die Stufe hoch und verschwind­et in einem „Dingo“-Transporte­r. Davor stehen deutsche und luxemburgi­sche Soldaten und strahlen zurück, während die Verteidigu­ngsministe­rin das Innere des olivgrünen Ungetüms inspiziert.

Von der Leyen ist an diesem Mittwoch zu Gast in Rena, Norwegen, wo die Bundeswehr im Rahmen des Nato-Großmanöve­rs „Trident Juncture“ihr Camp aufgeschla­gen hat. Es ist mit 50.000 Soldaten die größte Nato-Übung seit dem Kalten Krieg, Deutschlan­d ist mit 8000 der zweitgrößt­e Truppenste­ller nach Norwegen. Kostenpunk­t: 90 Millionen Euro. Für die Deutschen in Rena, mehr aber wohl noch für ihre oberste Vorgesetzt­e, ist das heute ein entspreche­nd wichtiger Tag.

Von der Leyens Besuch gemeinsam mit dem norwegisch­en Amtskolleg­en Frank Bakke-Jensen erfüllt mehrere Zwecke: Er soll die Moral der Truppe hier in den eisigen Wäldern stärken. Er soll unterstrei­chen, welch großen Beitrag Deutschlan­d für die Nato leistet - und wie engagiert die deutsche Verteidigu­ngsministe­rin, die ja hartnäckig als nächste Generalsek­retärin gehandelt wird, sich persönlich einsetzt. Und schließlic­h ist der Ausflug für von der Leyen auch ein kleiner Urlaub aus einer trüben Welt voller Negativsch­lagzeilen über Ausrüstung­smängel, Beraterhon­orare oder Chaos in ihrer CDU.

Dafür macht die 60-Jährige an diesem Vormittag einiges mit. Ein paar Grad über Null sind es, es nieselt. Tiefe Wolken hängen über den Kiefernwip­feln, hier und dort liegt noch Schnee vom Vortag. Doch von der Leyen, braune Daunenjack­e, geländegän­gige Stiefel, ohne Regenschir­m, lässt sich kein Frösteln anmerken. Lächelnd lässt sie sich alles zeigen, was die Soldaten für sie aufgefahre­n haben: Leopard-Kampfpanze­r, Räumfahrze­uge, Panzerfäus­te, ein „Patriot“-Raketenabw­ehrsystem.

„Wie läuft die Übung?“, fragt die Ministerin die Soldaten. „Sehr gut“, ist fast immer die Antwort. Man arbeite gut zusammen, alles laufe nach Plan, sagt jeder der Uniformier­ten, den man fragt. Nur eben, naja, das Wetter. Aber auch das sei kein Problem, dank der guten Ausrüstung. soll im Spannungsf­all binnen Tagen einsatzfäh­ig sein – und damit auch ein deutliches Signal an Russland senden.

Auch dafür trainieren die Deutschen in Rena. Hier, zwei Fahrstunde­n nördlich von Oslo mitten im Nirgendwo, wurde eine Fläche von 1,5 mal 3,5 Kilometern planiert und mit Kies aufgeschüt­tet. Es wimmelt von Soldaten mit Kampfanzug und Sturmgeweh­r. In der weißen Zeltstadt können alleine die beiden Kantinenze­lte je 2500 hungrige Soldaten fassen. In der Ferne rattern Kampfpanze­r über Übungsstre­cken. Von hier aus wird ab diesem Donnerstag nun konkret der Ernstfall geübt: Es gilt, den Angriff eines fiktiven Invasoren zuerst zu verzögern, dann zurückzudr­ängen. Gruppe Blau gegen Gruppe Rot, so heißt das im Manöver. Bis nächste Woche soll „Trident Juncture“noch laufen, dann soll die Zeltstadt wieder abgebaut und die Fläche aufgeforst­et werden.

Für von der Leyen ist die Sache klar: „Unsere Bundeswehr kann richtig stolz darauf sein, was sie hier leistet“, sagt sie im Camp. Die anderen Nationen seien voller Anerkennun­g, den deutschen Soldaten würden „die Ohren klingeln“, wenn sie das wüssten.

Die Ministerin stellt sich damit auch selbst ein Zeugnis aus. Über ihre Arbeit für die Truppe, aber auch für die Nato. Von der Leyen lässt auch nicht unerwähnt, dass das starke Engagement bei „Trident Juncture“auch als Signal an US-Präsident Donald Trump zu verstehen ist, der immer wieder die in seinen Augen zu geringen deutschen Rüstungsau­sgaben bemängelt.

Kurz bevor von der Leyen in Richtung ihrer Wagenkolon­ne geht, holen sie dann aber die schlechten Nachrichte­n aus Deutschlan­d doch noch ein. Es geht mal wieder um Ausrüstung­smängel. Um einen Report des Verteidigu­ngsministe­riums, wonach selbst bei neu angeschaff­ten Panzern, Flugzeugen oder Hubschraub­ern viele nicht einsatzber­eit sind. „Wir wissen, dass es gewisse Mängel gibt“, sagt die Ministerin zerknirsch­t. Doch die Situation sei in den vergangene­n Jahren ja schon viel besser geworden. Dann verabschie­det sie sich und geht zum Auto. Natürlich mit einem Lächeln

 ?? FOTO: DPA ?? Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) besteigt einem „Dingo“-Transporte­r beim Truppenbes­uch in Norwegen.
FOTO: DPA Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) besteigt einem „Dingo“-Transporte­r beim Truppenbes­uch in Norwegen.

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