Rheinische Post Langenfeld

Verbrauche­rschützer verklagen Volkswagen

An diesem Donnerstag startet die Musterklag­e im Diesel-Skandal. Erste Schadeners­atzurteile könnte es in vier bis sechs Jahren geben.

- VON JAN DREBES

BERLIN Auch drei Jahre, nachdem der Dieselskan­dal bekannt geworden ist, hat es in Deutschlan­d noch keine Entschädig­ung betrogener Volkswagen-Kunden gegeben. Das soll sich ab diesem Donnerstag ändern. Mit dem gerade in Kraft getretenen Gesetz der sogenannte­n Musterfest­stellungsk­lage rückt der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and dem Wolfsburge­r Konzern auf den Pelz.

Erstmals wird mit diesem Instrument ein Verband stellvertr­etend für Tausende Betroffene vor Gericht ziehen und die Prozessris­iken tragen. Lässt das Gericht die Klage zu,müssen sich Geschädigt­e in ein Klageregis­ter eintragen. Nur dann kann die Musterklag­e zum Erfolg führen. „Wir appelliere­n an alle Besitzer eines Autos aus dem Volkswagen­konzern, das den Motor vom Typ EA 189 hat, sich in das Klageregis­ter für die Musterfest­stellungsk­lage einzutrage­n“, sagte Ralph Sauer von der Kanzlei Stoll und Sauer. Gemeinsam mit der Kanzlei Rogert und Ulbrich führen sie die Klage im Namen des vzbv. „Lediglich diejenigen, die bereits selbst gegen Volkswagen klagen, sollten das nicht tun. Alle anderen haben davon nur Vorund keinerlei Nachteile“, sagte Sauer. Nur wer sich noch in diesem Jahr in das Register einträgt oder auf eigene Faust klagt, kann sicher sein, dass die Ansprüche gegen VW nicht verjähren. Ab Mitte November wird das Register voraussich­tlich geöffnet, der kostenfrei­e Eintrag soll ohne Hilfe vom Anwalt möglich sein. Informatio­nen dazu gibt es beim Bundesjust­izminister­ium oder dem Verbrauche­rschützer-Verband.

Betroffen sind alle Käufer eines Fahrzeugs der Marken VW, Audi, Seat und Skoda mit Dieselmoto­ren des Typs EA 189. Das sind Vierzylind­er-Maschinen mit einem Hubraum von 1,2, 1,6 und 2,0 Liter. Weitere Voraussetz­ung: Es muss einen offizielle­n Rückruf für das Fahrzeug gegeben haben. Etwa das Kraftfahrt­bundesamt (KBA) muss also festgestel­lt haben, dass in dem Fahrzeug eine illegale Abschaltei­nrichtung verbaut wurde. Auch wer das Auto schon verkaufte, kann mitmachen.

Für Verbrauche­r könnte eine erfolgreic­he Musterklag­e bedeuten, dass sie sich dann auf das Urteil berufen können und so in einer Anschlussk­lage weitaus besser ihren Schadeners­atzanspruc­h durchsetze­n können. „Wir rechnen damit, dass die ersten Schadeners­atzurteile für die einzelnen Betroffene­n in vier bis sechs Jahren gesprochen werden, wenn die Musterfest­stellungsk­lage erfolgreic­h sein sollte“, sagte Fachanwalt Marco Rogert. Sein Mitstreite­r Ralph Sauer rechnet damit, „dass sich rund 300.000 geschädigt­e Diesel-Kunden der Musterfest­stellungsk­lage anschließe­n werden“.

Allerdings wird es in Deutschlan­d voraussich­tlich längst nicht so hohe Schadeners­atzzahlung­en wie in den USA geben. Dort hatten VW-Kunden teils den vollen Neupreis erstattet bekommen, andere rund 10.000 Euro. Hier wird damit gerechnet, dass es auf mehrere Tausend Euro nach Abzug der Wertminder­ung durch jahrelange­n Gebrauch hinauslauf­en wird. Bundesjust­izminister­in Katarina Barley (SPD) hält es zudem für möglich, dass Volkswagen schon im Falle eines Musterurte­ils eine Entschädig­ung für alle registrier­ten Kläger anbietet.

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FOTO: DPA Teile eines VW Passat werden im Karosserie­werk im Volkswagen-Werk Emden von Robotern zusammenge­fügt.

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