Implantate setzen mit dem OP-Navi
Das Klinikum nutzt bei komplexen Wirbelsäulen-Operationen die präzise bildgebende Hilfe von 3D-Röntgenbildern und Computernavigation.
LEVERKUSEN Das Röntgenbild schockt auf den ersten Blick: Die Wirbelsäule einer 15-Jährigen hat eine 65-prozentige Krümmung im Brustwirbelbereich, scheint sich wie eine Schlange von einer Körperhälfte auf die andere zu schlängeln. Das war vor mehr als zwei Wochen. Ein paar Tage später ein neues Röntgenbild. Die Wirbelsäule ist im Brustbereich gerade, mit etlichen Schrauben fixiert. Die 15-Jährige ist durch das Aufrichten der Wirbelsäule um fünf Zentimeter gewachsen.
Es ist eine von zehn Operationen an der Wirbelsäule, die Mediziner Jan Siewe, Ärztlicher Leiter der Abteilung Wirbelsäule am Klinikum Leverkusen, mithilfe eines Navis vorgenommen hat. Freilich ist die Computer-Navigation im OP kein kleines rechteckiges Gerät, das an den OP-Tisch geklemmt wird, sondern größer und wesentlich komplexer. Zu Demonstrationszwecken haben Siewe und Prof. Leonard Bastian, Direktor der Klinik für Orthopädie, Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, eine Wirbelsäule auf den OP-Tisch gelegt.
Ein so genannter 3D-C-Bogen fährt um einen vorher festgelegten Bereich herum, fertigt neun 3D-Bilder pro Sekunde. Bei 40 Sekunden, die die Aufnahmen dauern, kommen 360 Bilder des zu operierenden Bereichs zustande. Die Strahlenbelastung sei geringer als bei einer Computertomografie. „Die Bilder werden vom Computer zu Datensätzen verarbeitet, die während der Operation auf Bildschirmen zu sehen sind“, erläutert Bastian. Während der Operation kann der Operateur auf den 3D-Bildern dann ganz genau sehen, wo er etwa den Bohrer ansetzen muss, die Schrauben oder Implantate platziert werden. Das Röntgen während der Operation falle so komplett weg.
„Das ist die Zukunft“, sagt Wirbelsäulenchirurg Siewe. „Ich gehe davon aus, dass solche Navis in zehn Jahren Standard sind.“Noch seien sie es nicht, sagt Bastian. Im Klinikum sind diese hochmodernen Geräte seit einigen Wochen beheimatet, in der Region unterscheide diese Ausstattung das Klinikum deutlich von anderen Häusern. Und was das Spektrum an Wirbelsäulenchirurgie betreffe, unterscheide sich das Klinikum mittlerweile nicht von einer Uni-Klinik. Das Klinikum hat sich das einiges kosten lassen. Das Navi alleine habe 300.000 gekostet, der 3D-Bogen ebenso, dazu kommen rund 150.000 Euro für weitere Instrumente für Wirbelsäulenoperationen. „Man kann sagen, wir haben rund eine Dreiviertelmillion investiert“, fasst Leonard Bastian zusammen.
Mithilfe der neuen Technologie hat Jan Siewe in den vergangenen Wochen nicht nur Skoliosen wie bei dem 15-jährigen Mädchen operiert, sondern ganz verschiedene Wirbelsäulenerkrankungen: Verschleiß, Tumore, Deformierungen. Der große Vorteil dieser computerbasierten Unterstützung: „So können wir mit sehr hoher Präzision Implantate setzen – mit maximal hoher Sicherheit für den Patienten.“