Auf Hof Jüch wird nicht mehr geschnattert
Über Jahre zog der landwirtschaftliche Betrieb von Marcus Vogel in Steinbüchel Martins- und Weihnachtsgänse auf. Doch das ist mittlerweile Geschichte. Hof Jüch hat das Federvieh aus mehreren Gründen aufgegeben. Unter anderem, weil Vogels Gänse liebender u
STEINBÜCHEL In diesen Tagen kommt sie wieder auf den Tisch, die Martinsgans. Manch einem läuft beim Gedanken daran schon das Wasser im Mund zusammen. Im Rheinland hat die Gans als Festschmaus Tradition, und in Leverkusen wurde sie lange Zeit auf Hof Jüch großgezogen. Doch damit ist Schluss. Landwirt Marcus Vogel hat sich von der Aufzucht verabschiedet, aus mehreren Gründen. Der wichtigste: sein 78-jähriger Vater.
In Steinbüchel liegt der Hof der Familie Vogel, in siebter Generation nun schon vom 50-jährigen Marcus Vogel geführt. Seitdem er denken kann, gab es auf dem elterlichen Hof Gänse. Ab dem Frühjahr war das schnatternde und gefiederte Geflügel täglich auf der Weide von Hof Jüch zu sehen, von November bis Weihnachten wurde es für die anstehenden Familien-Festessen der zahlreichen Kunden der Vogels geschlachtet. Früh mussten die eine Gans bestellen, um einen solchen Festtagsbraten zu bekommen, das Geflügel war begehrt. „Zuletzt hielten wir noch 100 Gänse“, erzählt Marcus Vogel.
Vor zwei Jahren allerdings, als sich sein Vater altersbedingt aus dem Familienbetrieb langsam zurückzog, traf der Leverkusener Landwirt eine Entscheidung, die ihm nicht leicht fiel und viel Bedauern in der Umgebung, eben bei der Kundschaft, auslöste. „Es ging einfach nicht mehr, das Marktgeschäft, die Aufzucht und Schlachtung, die vielen Auflagen und auch der finanzielle Aspekt ließen keine andere Möglichkeit zu.“
Es war Vogel Senior, dessen Herz all die Jahre an der Gänseaufzucht hing. Er war es auch, der sich maßgeblich um die Tiere kümmerte, erzählt Marcus Vogel: „Mein Vater hat sie jeden Morgen rausgelassen, abends wieder reingeholt, sie gefüttert und permanent auf sie geschaut, während ich mich um das Marktgeschäft kümmerte.“Die Aufzucht von Gänsen sei nicht nur wegen zahlreicher Auflagen zeitintensiv, sondern auch wegen der steigenden Futterpreise immer kostspieliger.
Auch wenn der 50-Jährige selbst den Jäger- und Angelschein besitzt, sowie zuletzt vor drei Jahren nochmal seinen Schlachtschein erneuerte, war es doch stets der Vater, der die Schlachtung übernahm. „Als er körperlich einfach nicht mehr dazu in der Lage war, traf ich die Entscheidung.“Die Landwirtschaft generell, sagt Vogel nachdenklich, werde von Jahr zu Jahr schwieriger. Wer mit der Natur arbeite, müsse ständig mit Überraschungen rechnen.
Vergangenes Jahr waren es Hagel und Frost. „Die Apfelernte ist zwar tendenziell besser geworden als im Vorjahr, was aber auch nicht schwer ist, weil wir im vergangenen Jahr durch den Hagel kaum Äpfel hatten.“Dieses Jahr waren es die
hohen Temperaturen und die lange Trockenperiode: „Meine Felder sind immer noch staubtrocken“, sagt Vogel. Zudem fehlen der Landwirtschaft zahlreiche Arbeitskräfte für die Erntesaison: Saisonarbeiter aus Polen zu bekommen, sei ebenso mit hohen Kosten verbunden. Jugendliche und Studenten, die sich in den Ferien auf dem Land etwas dazu verdienen wollten, gebe es nicht: „Früher waren wir froh, in unserer Jugendzeit auf dem Land mithelfen zu können, um uns ein kleines Taschengeld fürs Moped oder Fahrrad zu verdienen. Heute haben wir ja alles.“
Die veränderten Klimabedingungen seien ebenso herausfordernd. „Es wird nicht leichter. Wenn das so weitergeht, können wir demnächst in Leverkusen wahrscheinlich Zitronen anbauen.“