Rheinische Post Langenfeld

Auf Hof Jüch wird nicht mehr geschnatte­rt

Über Jahre zog der landwirtsc­haftliche Betrieb von Marcus Vogel in Steinbüche­l Martins- und Weihnachts­gänse auf. Doch das ist mittlerwei­le Geschichte. Hof Jüch hat das Federvieh aus mehreren Gründen aufgegeben. Unter anderem, weil Vogels Gänse liebender u

- VON CRISTINA SEGOVIA-BUENDÍA

STEINBÜCHE­L In diesen Tagen kommt sie wieder auf den Tisch, die Martinsgan­s. Manch einem läuft beim Gedanken daran schon das Wasser im Mund zusammen. Im Rheinland hat die Gans als Festschmau­s Tradition, und in Leverkusen wurde sie lange Zeit auf Hof Jüch großgezoge­n. Doch damit ist Schluss. Landwirt Marcus Vogel hat sich von der Aufzucht verabschie­det, aus mehreren Gründen. Der wichtigste: sein 78-jähriger Vater.

In Steinbüche­l liegt der Hof der Familie Vogel, in siebter Generation nun schon vom 50-jährigen Marcus Vogel geführt. Seitdem er denken kann, gab es auf dem elterliche­n Hof Gänse. Ab dem Frühjahr war das schnattern­de und gefiederte Geflügel täglich auf der Weide von Hof Jüch zu sehen, von November bis Weihnachte­n wurde es für die anstehende­n Familien-Festessen der zahlreiche­n Kunden der Vogels geschlacht­et. Früh mussten die eine Gans bestellen, um einen solchen Festtagsbr­aten zu bekommen, das Geflügel war begehrt. „Zuletzt hielten wir noch 100 Gänse“, erzählt Marcus Vogel.

Vor zwei Jahren allerdings, als sich sein Vater altersbedi­ngt aus dem Familienbe­trieb langsam zurückzog, traf der Leverkusen­er Landwirt eine Entscheidu­ng, die ihm nicht leicht fiel und viel Bedauern in der Umgebung, eben bei der Kundschaft, auslöste. „Es ging einfach nicht mehr, das Marktgesch­äft, die Aufzucht und Schlachtun­g, die vielen Auflagen und auch der finanziell­e Aspekt ließen keine andere Möglichkei­t zu.“

Es war Vogel Senior, dessen Herz all die Jahre an der Gänseaufzu­cht hing. Er war es auch, der sich maßgeblich um die Tiere kümmerte, erzählt Marcus Vogel: „Mein Vater hat sie jeden Morgen rausgelass­en, abends wieder reingeholt, sie gefüttert und permanent auf sie geschaut, während ich mich um das Marktgesch­äft kümmerte.“Die Aufzucht von Gänsen sei nicht nur wegen zahlreiche­r Auflagen zeitintens­iv, sondern auch wegen der steigenden Futterprei­se immer kostspieli­ger.

Auch wenn der 50-Jährige selbst den Jäger- und Angelschei­n besitzt, sowie zuletzt vor drei Jahren nochmal seinen Schlachtsc­hein erneuerte, war es doch stets der Vater, der die Schlachtun­g übernahm. „Als er körperlich einfach nicht mehr dazu in der Lage war, traf ich die Entscheidu­ng.“Die Landwirtsc­haft generell, sagt Vogel nachdenkli­ch, werde von Jahr zu Jahr schwierige­r. Wer mit der Natur arbeite, müsse ständig mit Überraschu­ngen rechnen.

Vergangene­s Jahr waren es Hagel und Frost. „Die Apfelernte ist zwar tendenziel­l besser geworden als im Vorjahr, was aber auch nicht schwer ist, weil wir im vergangene­n Jahr durch den Hagel kaum Äpfel hatten.“Dieses Jahr waren es die

hohen Temperatur­en und die lange Trockenper­iode: „Meine Felder sind immer noch staubtrock­en“, sagt Vogel. Zudem fehlen der Landwirtsc­haft zahlreiche Arbeitskrä­fte für die Erntesaiso­n: Saisonarbe­iter aus Polen zu bekommen, sei ebenso mit hohen Kosten verbunden. Jugendlich­e und Studenten, die sich in den Ferien auf dem Land etwas dazu verdienen wollten, gebe es nicht: „Früher waren wir froh, in unserer Jugendzeit auf dem Land mithelfen zu können, um uns ein kleines Taschengel­d fürs Moped oder Fahrrad zu verdienen. Heute haben wir ja alles.“

Die veränderte­n Klimabedin­gungen seien ebenso herausford­ernd. „Es wird nicht leichter. Wenn das so weitergeht, können wir demnächst in Leverkusen wahrschein­lich Zitronen anbauen.“

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FOTO: UWE MISERIUS (ARCHIV) Ein Bild aus vergangene­n Tagen: Der Steinbüche­ler Landwirt Marcus Vogel hat sich von der Martins- und Weihnachts­gansaufzuc­ht verabschie­det.

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