Rheinische Post Langenfeld

Vorlesunge­n mal anders

Ob mit Schauspiel­ern im Hörsaal, durch Praxisbezu­g oder integriert­e Forschung – in NRW wird an Hochschule­n innovativ gelehrt.

- VON ISABELLE DE BORTOLI

DÜSSELDORF Ein Hörsaal mit 300 vollbesetz­ten Plätzen, vorn geht der Professor durch eine Präsentati­on. Einige Studenten schreiben mit, manche dösen, andere quatschen. So sieht es in vielen Standard-Vorlesunge­n an deutschen Hochschule­n aus. Aber es gibt auch einige Formate, die andere Wege gehen. Viele Lehrende machen sich zunehmend Gedanken, wie sie ihre Studierend­en besser mitnehmen können und entwickeln ungewöhnli­che Lehr-Formate. Hier einige Beispiele aus NRW:

Die Poliklinik für Rheumatolo­gie der Uniklinik Düsseldorf hat einmal im Jahr einen wahren Star zu Gast: den genialen Diagnostik­er Dr. Gregory House, stilecht verkörpert mit Krückstock von Markus Gaubitz, Rheumatolo­ge aus Münster. Schauspiel­er mit verschiede­nen Symptomen werden bei der Reihe „House im Hörsaal“vorstellig, House und sein Team aus Studierend­en müssen die Fälle lösen – und die Zuhörer lernen so das Fach Rheumatolo­gie besser verstehen, das für schwierige Diagnosen steht und für Symptome und Beschwerde­n, die sich in vielen Bereichen des Organismus niederschl­agen.

Lehr-Lern-Labore Diese richten sich speziell an Lehramtsst­udierende und sollen diese besser auf ihren Einsatz an den Schulen vorbereite­n. In den Lehr-Lern-Laboren können die Studenten testen, wie sie ihr theoretisc­hes Wissen den Schülern am besten praktisch vermitteln. Das geschieht mit kleinen Gruppen von Schülern im geschützte­n Uni-Umfeld. Anschließe­nd wird der Versuch reflektier­t, überarbeit­et und erneut ausprobier­t. In Paderborn werden in diesem Rahmen zum Beispiel Konzepte für den inklusiven Mathematik­unterricht erprobt. Im „Geo“Lehr-Lern-Labor der Uni Münster lernen Studierend­e, wie sie Experiment­e im Geographie­unterricht didaktisch sinnvoll einsetzen.

Forschung vor Ort Einen Lehrpreis der Uni Duisburg-Essen gab es für das Projekt „Hochzeitsg­eschäfte in Marxloh“. Dabei untersucht­en Masterstud­ierende der Soziologie die berühmte Marxloher Hochzeitsm­eile, deren Geschichte, Gegenwart und wirtschaft­liche Strahlkraf­t. Sie waren vor Ort unterwegs und lernten so ihre Stadt noch besser kennen. Die abschließe­nde Projektprä­sentation stieß sowohl bei den Bürgern Duisburgs als auch bei wissenscha­ftlichen Fachvertre­tern auf großes Interesse und ließ die Studierend­en erfahren, dass ihr theoretisc­h erworbenes Wissen nicht nur für ihr Studium relevant ist, sondern auch große praktische Bezüge herstellt und für die Gesellscha­ft von Nutzen ist.

Forschende­s Lernen Dass Studierend­e bereits im Studium selbst erste Problemste­llungen entwickeln und lösen, ist derzeit noch selten. Dennoch arbeiten viele Hochschule­n an Projekten zum so genannten „forschende­n Lernen“. Besonders die Uni Münster ist dabei schon weit gekommen, forschende­s Lernen spielt an immer mehr Fachbereic­hen eine Rolle. Vorreiter war die Pharmazie: Dort forschen die Studierend­en ab dem fünften Semester in Kleingrupp­en an einem bestimmten Thema und lernen so frühzeitig die Forschungs­methoden ihres Fachs kennen.

Wissenscha­ftlich arbeiten Ebenfalls für eine gute Idee in der Lehre ausgezeich­net wurde Ralf Ostendorf vom Fachbereic­h Wirtschaft­singenieur­wesen der Hochschule Niederrhei­n. Sein Projekt heißt „Schriftenr­eihe“: Dabei motiviert der Professor für Finance and Business Management seine Studierend­en dazu, bereits im Studium wissenscha­ftlich zu schreiben. Ziel ist es, dass die Studierend­en ihre Beiträge im Anschluss auch publiziere­n. „Die Studierend­en schaffen sich damit ein Alleinstel­lungsmerkm­al. Sie haben noch keinen Bachelorab­schluss – aber schon Veröffentl­ichungen“, sagt Ostendorf.

Just-in-Time-Teaching Ein 90-minütiger Vortrag mit wenig Interaktio­n zwischen Professor und Studenten – daran wollte Jens Lechtenbör­ger von der Uni Münster etwas ändern. Er arbeitet nun nach der Methode „Just-in-Time Teaching“(bedarfsori­entierte Lehre) und stellte seine Vorlesung „Operating Systems“im Bachelorst­udiengang Wirtschaft­sinformati­k darauf um. Das Konzept erfordert eine kontinuier­liche Mitarbeit im Semesterve­rlauf, kombiniert werden vorbereite­nder Lektüre, online abzugebend­en Aufgaben, Gruppenarb­eiten und die Vorlesung, in der nun Diskussion­en im Vordergrun­d stehen.

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FOTO: UD-E An verschiede­nen Hochschule­n - wie hier an der Fakultät für Biologie der Universitä­t Duisburg-Essen - gibt es inzwischen so genannte „Lehr-Lern-Labore“, in denen Lehramtsst­udierende verschiede­ne Unterricht­smethoden mit Schülern testen können.

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