Ein Merz für fast alle
In seinem Wohnort Arnsberg präsentiert sich Friedrich Merz vielfach kompatibel.
ARNSBERG-OEVENTROP Für fast jeden hier hat Friedrich Merz ein kurzes Kopfnicken, für manche ein Lächeln, für wenige einen Händedruck. Schlicht unmöglich ist es, allen 500 Parteifreunden gerecht zu werden, die sich an diesem Samstagmorgen in der Schützenhalle von Oeventrop zum Kreisparteitag versammelt haben. Sogar aus Baden-Württemberg sind sie gekommen, um den Kandidaten für den CDU-Bundesvorsitz zu hören, den sie zuletzt vor zehn Jahren erlebt haben.
Die Halle der „Sankt Sebastianus Schützenbruderschaft Oeventrop 1766 e.V.“könnte passender kaum sein, um der Parteibasis zu zeigen, wie viel Merz für sie übrig hat: An der Stirnseite prangt in Frakturschrift „Glaube - Sitte - Heimat“, die langen Holztische sind mit orangefarbenen Papierservietten und weißen Weihnachtssternen dekoriert und ein Wandbild mit dem obligatorischen röhrenden Hirsch ziert die Längsseite. Schon vor einem halben Jahr, lange bevor er seine Kandidatur bekanntgab, hatte Merz den heutigen Auftritt zugesagt.
Nun ist daraus die erste öffentliche Rede des Kandidaten Merz geworden, seit er vor 14 Tagen Anspruch auf den Parteivorsitz erhob. Und es trifft sich ausgesprochen gut, dass diese Schützenhalle im sauerländischen Arnsberg liegt – wo Merz auch wohnt. Die Sympathien sind ihm hier gewiss, da redet es sich leichter. Trotzdem gibt es einige, die er überzeugen muss. Ein älterer Herr aus Brilon im waidgrünen Pulli etwa, Parteimitglied seit über 60 Jahren, tendiert zu Merz‘ Rivalin Annegret Kramp-Karrenbauer, genannt AKK: „Der Merkel-Kurs war absolut gut“, meint er.
AKK ist im Kampf um den Parteivorsitz vermutlich eine härtere Konkurrenz als der dritte Kandidat Jens Spahn. Die Frauenunion hat sich bereits für AKK ausgesprochen, in Umfragen liegt sie zurzeit knapp vorn. Merz weiß das und spricht in seiner Rede mehrfach über frauenpolitische Themen. Doch da unterläuft ihm ein Fauxpas: Der 63-Jährige will explizit Frauen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern. Prompt meldet sich eine Parteifreundin zu Wort, die ihn fragt, ob dies nicht auch für junge Väter gelte oder ob das allein Frauensache sei. Merz muss nachlegen: Selbstverständlich seien Frauen und Männer gemeint. Die Wirtschaft könne sich auch gar nicht leisten, qualifizierte Frauen als Fachkräfte zu verlieren.
Es ist nicht die einzige Charmeoffensive, die Merz an diesem Samstag startet. Es gilt die vielen verschiedenen Parteirichtungen einzubinden. Hinzu kommt, dass in nächster Zukunft in Berlin diverse Konstellationen für Koalitionen denkbar sind, sollte es zu Neuwahlen kommen. Wie kompatibel Merz sich zeigt, wird über seine Wahlchancen entscheiden. So stellt er auch eine gewisse Verbundenheit zum Groko-Partner SPD her. Wenn die SPD als Volkspartei gefährdet sei, dann sei es auch die CDU.