Rheinische Post Langenfeld

Gewinner des Spieltags ist die Bundesliga

Über Jahre dominiert der FC Bayern München die nationale Meistersch­aft nach Belieben. Die Konkurrenz gibt sich mitunter schon vor dem Anpfiff geschlagen. Doch nun ist die Zeit für einen Umbruch gekommen.

- VON GIANNI COSTA

DÜSSELDORF Alle Kinder, die hierzuland­e in diesem Jahr eingeschul­t worden sind, haben noch nie einen anderen Meister in der Fußball-Bundesliga als den FC Bayern München kennengele­rnt. Es spricht vieles dafür, dass sie am Ende des Schuljahre­s eine neue Erfahrung machen werden. Mindestens in der Art, dass sie erleben, dass die Bundesliga ein echter Wettstreit zwischen sportliche­n

Erster Schritt beim Neuanfang des FC Bayern München wird sein, die Konkurrenz zu schwächen.

Akteuren ist. Und nicht nur ein Schaulaufe­n von aus der Werbung bekannten Gesichtern, die nebenher auch ein wenig Fußball spielen. Spätestens seit dem vergangene­n Wochenende ist der Glaube wieder da, dass es kein Naturgeset­z sein muss, am Ende die Meistersch­ale dem FC Bayern zu überreiche­n.

Die Bundesliga hat viel durch den FC Bayern gewonnen. Doch sie ist auch durch seine Dominanz träge geworden. Die Konkurrenz hatte sich damit abgefunden, nur ein Teil der Show zu sein. Aber kein gewichtige­r Teil. Jedenfalls nicht die Hauptfigur. Wenn man nicht mehr den Reiz verspürt, sich wenigstens theoretisc­h ausmalen zu können, wie es wäre, wenn mal wieder David gegen Goliath als Sieger vom Feld geht. Die Liga ist langweilig geworden, weil sich alle damit abgefunden haben. Das Problem ist nur gewesen: Die Bayern sind immer mächtiger geworden, die anderen immer egaler. Internatio­nal hat sich die Bundesliga nicht gerade mit Ruhm bekleckert. 2013 hat zum letzten Mal ein deutsches Team in der Königsklas­se triumphier­t: Es war der FC Bayern. Und aus einem Großteil eben dieses Ensembles hat sich das Personal rekrutiert, das ein Jahr später den WM-Titel in Brasilien gewann.

Es waren beeindruck­ende Jahre. Es waren tolle Triumphe. Aber irgendwann wurde nur noch verwaltet. Beim FCB und dem DFB. Man hat sich auf seine Stärke verlassen und dem Selbstbewu­sstsein, es schon irgendwie zu schaffen. Irgendwie. Ohne Plan. Ohne Vision. Aber wer sollte auch schon widersprec­hen? Bei der Nationalma­nnschaft und dem FC Bayern, beides hängt eng miteinande­r zusammen. Man hatte es sich gemütlich gemacht. Andere sind nach und nach vorbeigezo­gen, weil sie sich weiterentw­ickelt haben. Weil sie nicht nur einfach in Namen investiert­en, sondern sich neue Spielsyste­me überlegt haben.

Auf deutschen Schulhöfen ist ganz gut zu beobachten, wer internatio­nal den Ton angibt. Trikots mit Namen von Spielern der französisc­hen Nationalma­nnschaft wie Kylian Mbappé sieht man da, der bei Paris Saint-Germain in Lohn und Brot steht. Man sieht Trikots aus der Premier League und vielleicht noch der spanischen La Liga. Die Zeit, in der in jeder Klasse ein Dutzend Müllers, Neuers und Kloses saßen, ist vorbei. Das Kaufverhal­ten des Nachwuchse­s bildet ganz gut die Kräfteverh­ältnisse ab.

Die Bundesliga hat an Anziehungs­kraft verloren, weil sich niemand neben dem FC Bayern entwickeln konnte. Weil der FC Bayern jegliche Versuche, etwas aufzubauen, traditione­ll mit einem Rundumschl­ag auf dem Transferma­rkt wieder eindampfte. In diesem Sommer hielt man sich zurück. Ein paar ablösefrei­e Spieler. Mehr nicht. Man war sich seiner Sache wohl sehr sicher. In Dortmund und auch Mönchengla­dbach hat man dagegen einiges investiert. In guter alter Tradition wird es wohl auch diesmal so kommen, dass der FC Bayern sich aus diesem Personal bedient, um seinerseit­s einen Neuanfang einzuleite­n. Erster Schritt: Konkurrenz schwächen.

So leicht wird das aber nicht mehr gehen. Der Fußball hat sich rasant entwickelt. Gestandene­r Bundesliga­profi ist man nicht mehr mit 28, sondern schon ein paar Jahre früher. Das führt dazu, dass immer neue Kräfte auf den Markt drängen, perfekt ausgebilde­te Spieler, die für so und so viele Systeme funktionie­ren. Auch der FC Bayern wird sich ändern müssen. Er wird viel mehr riskieren müssen, auch mal daneben zu liegen. Für die Liga ist es eine Chance, sich ein wenig von dem einen übermächti­gen Team emanzipier­en zu können. Das vergangene Wochenende war ein Anfang.

 ?? FOTO: ALEXANDRE SIMOES/BVB ?? Echter Stresstest für den Fußballleh­rer: Lucien Favre platzt in die Kabinenpar­ty seiner Mannschaft und hat mit der Lautstärke so seine Probleme – das Team feiert den Sieg angemessen. (hintere Reihe) Thomas Delaney, Mahmoud Dahoud, Ömer Toprak, Dzenis Burnic. Mittlere Reihe: Christian Pulisic (verdeckt), Sergio Gomez (verdeckt), Jacob Bruun Larsen, Lukasz Piszczek, Julian Weigl, Axel Witsel (verdeckt), Eric Oelschläge­l, Marco Reus, Marcel Schmelzer, vordere Reihe: Trainer Lucien Favre, Achraf Hakimi, Dan-Axel Zagadou, Manuel Akanji, Jadon Sancho.
FOTO: ALEXANDRE SIMOES/BVB Echter Stresstest für den Fußballleh­rer: Lucien Favre platzt in die Kabinenpar­ty seiner Mannschaft und hat mit der Lautstärke so seine Probleme – das Team feiert den Sieg angemessen. (hintere Reihe) Thomas Delaney, Mahmoud Dahoud, Ömer Toprak, Dzenis Burnic. Mittlere Reihe: Christian Pulisic (verdeckt), Sergio Gomez (verdeckt), Jacob Bruun Larsen, Lukasz Piszczek, Julian Weigl, Axel Witsel (verdeckt), Eric Oelschläge­l, Marco Reus, Marcel Schmelzer, vordere Reihe: Trainer Lucien Favre, Achraf Hakimi, Dan-Axel Zagadou, Manuel Akanji, Jadon Sancho.

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