Frieden und Freiheit Thema beim Martinsempfang
LEVERKUSEN „Versuchen Sie, die Freude am Glauben zu vermitteln“, appellierte Prof. Thomas Sternberg an die geladenen Besucher beim diesjährigen St. Martinsempfang des Katholikenrates. Der ehemalige NRW-Landtagsabgeordnete und Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken sprach über „Suche Frieden – Was hält unsere Gesellschaft zusammen?“
Zusammenhalt ist wichtiger denn je in einer Gesellschaft, die immer mehr auseinander driftet und in der man sich an unmenschliche Äußerungen gewöhnt, weil „die Grenzen des Sagbaren immer weiter hinausgeschoben werden“. Gewaltbereite Sprache und Diffamierungen wirken unterschwellig, warnte Sternberg. Christen müssten sich für den offenen Dialog einsetzen, gerade auch wenn es um Kritik an anderen Religionen geht. „Das können wir als Gläubige am besten, weil wir wissen, was Religion ist.“Antisemitismus gehe nicht unter Christen und in Deutschland schon gar nicht. Aber er warnte auch davor, den Islam mit Unsicherheit, Terrorismus, Überfremdung gleichzusetzen. Im Gegenteil müsse man den Austausch suchen und innerhalb des demokratischen Systems führen, auch wenn es mühsam sei. Die große Gefährdung der Demokratie sei die Tatsache, dass die Außenbereiche der nicht koalitionsfähigen Gruppen immer stärker würden. Da mache sich ein Nationalismus breit. Doch „die blühendsten Epochen Europas waren die ohne Abschottung“, warb er für ein vereintes Europa in Frieden und Freiheit.
Zum Thema Zuwanderung nahm er die Zuhörer in die Pflicht: Jeder könne durch sein Kaufverhalten einen Beitrag zur Bekämpfung der Fluchtursachen dazu leisten, indem er darauf achte, wo und unter welchen Bedingungen Produkte hergestellt wurden. „Menschen müssen an ihrem Ort den Lebensunterhalt verdienen können.“Vor allem erwies sich der Politiker beim Martinsempfang als bibelfest und erinnerte damit mehrfach an die grundlegende Orientierungshilfe für Christen, die jeden Menschen als gleichwertig ansehen müssten, weil der Wert aus dem Segen Gottes komme. Bei seiner Betrachtung der Geschichte des heiligen Martin legte Sternberg weniger Wert auf die Mitleidsgeste der Mantelteilung. Als Kind habe er schon gefragt: „Und dafür wird man Heiliggesprochen?“Der Wichtigste aber sei der Bettler, der Martin später im Traum erschien, denn er ist „der unerkannte Christus“, von dem im Matthäusevangelium die Rede sei.
Der Staat brauche die Kirche als große Gruppe in der Gesellschaft dringend, gerade weil Instanzen, die früher Orientierung gaben, an Einfluss verlieren. „Das Grundgesetz reicht nicht!“, sagte Sternberg, denn: „Um das Gesetz zu begreifen, müssen Sie die Wertehaltung dahinter verstehen.“In diesem Zusammenhang versteht er die christliche Verpflichtung, „das Salz der Erde“zu sein. Und da seien selbstbewusste Laien in der Ortsgemeinde immer stärker gefordert, zuzupacken. Die Priesterzahlen seien katastrophal. Im letzten Jahr kam auf sieben ausscheidende nur ein neuer Priester. Mehr anpacken müssen auch die Vorstandsmitglieder des Katholikenrates, seit Norbert Hölzer nach zwölf Jahren nicht wieder als Vorsitzender kandidierte und das Amt frei blieb. Beim Martinsempfang merkte man davon nichts, der war genauso gut vorbereitet wie man es bei dieser Traditionsveranstaltung gewohnt ist, und die Einführung übernahm dieses Mal der stellvertretende Vorsitzende Hieronymus Messing.