Rheinische Post Langenfeld

Die Treue zum Trainer ist gut, aber...

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Bei Bayer 04 gibt es nicht viele Spieler, die sich auch nach einer Gruselvors­tellung wie dem 0:3 in Leipzig kritischen Fragen stellen. Kevin Volland ist einer der wenigen, die sich direkt nach dem Schlusspfi­ff stets vor die Mikrofone und Kameras stellen. Was er in den Katakomben des Leipziger Stadions von sich gab, war in Zeiten der glattgebüg­elten Fußballerz­itate bemerkensw­ert. Der Angreifer kritisiert­e die Mentalität der Mannschaft, das mangelhaft­e Zweikampfv­erhalten und den fehlenden Teamgeist. Das war offen, ehrlich, klar – und berechtigt.

Keine 24 Stunden später trat Rudi Völler in der BayArena vor die Mikrofone und nahm einmal mehr Heiko Herrlich in Schutz. Kaum versteckt übte er außerdem Kritik an Vollands Aussagen. Es sei nicht der Trainer der Werkself, der Leistung bringen müsse, sondern die Spieler. Zudem gelte die Maxime: „weniger reden, mehr auf dem Platz zeigen.“

Diese Loyalität zu einem in der Liga bis auf wenige Ausnahmen weitgehend erfolglose­n Trainer mag im oft kalt und rational wirkenden Fußballges­chäft edelmütig wirken, aber sie birgt auch Gefahren. Auch wenn Herrlich die sportliche Wende zu wünschen ist, werden allmählich unschöne Erinnerung­en wach. Bei Roger Schmidt scheuten die Verantwort­lichen um Völler zu lange den klaren Schnitt. Als nach Wochen des Herumeiern­s die überfällig­e Trennung erfolgte, war die Saison letztlich nicht mehr zu retten. Erst am vorletzten Spieltag befreite sich die Werkself von ihren Abstiegsso­rgen. Das sollte in der aktuellen Lage als mahnendes Beispiel dienen – zusammen mit Vollands Worten, die viele offensicht­liche Defizite klar auf den Punkt bringen.

DORIAN AUDERSCH

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