Rheinische Post Langenfeld

Laumann zwischen allen Stühlen

Der Fall Karl-Josef Laumann zeigt, wie sehr die NRW-CDU unter ihren Loyalitäts­konflikten leidet.

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Mit Empfehlung­en zugunsten von Jens Spahn, Friedrich Merz oder Annegret Kramp-Karrenbaue­r halten die vorderen Reihen der NRW-CDU sich auffallend zurück. Nicht einmal hinter vorgehalte­ner Hand lassen die Funktionär­e des größten Landesverb­andes sich ihren Favoriten für die Nachfolge für den CDU-Parteivors­itz entlocken. Obwohl mit Spahn und Merz gleich zwei Kandidaten aus ihren Reihen kommen.

Oder gerade deshalb? Die NRWCDU ist in Berlin so stark wie lange nicht mehr: Neben dem Parteivize Armin Laschet stellt sie zwei Bundesmini­ster, den Fraktionsc­hef im Bundestag, den Chef der Jungen Union, der Senioren-Union und des Arbeitnehm­erflügels CDA. In der Politik funktionie­rt nichts ohne Seilschaft­en. Und gerade weil derzeit so viele Berliner Seilschaft­en in NRW zusammenla­ufen, ist das Seilchensp­ringen hier komplizier­t geworden. Keiner will sich verheddern.

Eine Figur, an der die Loyalitäts­konflikte der NRW-CDU gut zu studieren sind, ist NRW-Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann. Als Chef des mächtigen Arbeitnehm­erflügels CDA ist er Annegret Kramp-Karrenbaue­r verpflicht­et. Die Saarländer­in trat dem CDA-Netzwerk 1989 bei. Als die dreifache Mutter im Februar CDU-Generalsek­retärin wurde, gehörte Laumann zu den ersten Gratulante­n. „Wir freuen uns sehr über diese Wahl“, jubelte er, Kramp-Karrenbaue­r sei eine „echte Christlich-Soziale“, könne aber auch die unterschie­dlichen Flügel der Partei zusammenfü­hren.

Ebenso ist Laumann Jens Spahn verpflicht­et. Laumann ist auch Chef des wichtigen CDU-Bezirks Münsterlan­d, zu dessen stärksten Säulen der Kreisverba­nd Borken gehört. Der wird angeführt von Jens Spahn. Als der damalige Chef der NRW-Seniorenun­ion, Leonhard Kuckart, Spahn wegen eines Streits um Rentenerhö­hungen aus dem Bundestag drängen wollte, wies Laumann den Senior zurecht: „So geht das nicht.“Kürzlich wurde Spahn wegen seiner Pflegepoli­tik in Düsseldorf von mehreren Tausend Demonstran­ten ausgebuht. Laumann stellte sich demonstrat­iv neben Spahn – beide ertrugen das Pfeifkonze­rt gemeinsam.

Aber auch mit dem eher wirtschaft­sliberal tickenden Friedrich Merz verbindet den Arbeitnehm­erfreund Laumann mehr als man meint. Als Westfale vergisst Laumann nie, wer ihm mal geholfen hat. Im Jahr 2000 war das der damals gerade frisch gewählte Bundestags­fraktionsc­hef Merz. Unter ihm wurde und blieb Laumann sozialpoli­tischer Sprecher der Fraktion – eine entscheide­nde Plattform für Laumanns spätere Karriere. Beide sind auch privat befreundet und haben sich auch nach Merz’ vorübergeh­endem Rückzug aus der Politik alle paar Wochen getroffen.

Wie Karl-Josef Laumann geht es vielen in der NRW-CDU: ihre Zurückhalt­ung im Kandidaten­streit ist kein Tribut an die Parteidisz­iplin. Sie sind unentschie­den. Was allzu menschlich ist. So wird die NRWCDU beim Bundespart­eitag nicht personalta­ktisch, sondern inhaltlich abstimmen.

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FOTO: ORTHEN NRW-Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann.

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