Rheinische Post Langenfeld

Die Schicksals­fragen der Rheinbahn

Analyse Das Unternehme­n braucht nicht nur einen neuen Chef, sondern auch eine neue Strategie.

- VON ARNE LIEB

DÜSSELDORF/LANGENFELD Hinter der Rheinbahn liegen turbulente Monate – und das städtische Verkehrsun­ternehmen sorgt weiter für Gesprächsb­edarf. In Kürze soll der Aufsichtsr­at den Nachfolger für den nach nur zweieinhal­b Jahren geschasste­n Vorstandsc­hefs Michael Clausecker wählen. Dabei geht es nicht nur um eine Personalie, sondern um eine Grundsatze­ntscheidun­g: Die Politik muss vorgeben, wie sich die Rheinbahn entwickeln soll – und dafür die richtigen Lehren aus der jüngsten Krise ziehen. Die Streitfrag­en:

Arbeitet die Rheinbahn besonders wirtschaft­lich – oder wurde sie kaputtgesp­art?

Die Düsseldorf­er Verkehrsbe­triebe wurden über Jahre als unternehme­rische Erfolgsges­chichte gepriesen. Vor mehr als zehn Jahren war die Stadttocht­er umstruktur­iert worden. Der Zuschuss, den die Stadt pro Jahr leisten muss, sank von mehr als 110 Millionen auf rund 45 Millionen Euro. Inzwischen stellt sich die Frage, ob auf Kosten des Betriebs gespart wurde – und damit auf Kosten der Fahrgäste: Das Herzstück der ohnehin knappen Hochflur-Flotte, die B80-Wagen, gilt als überaltert, es wurde noch kein Ersatz bestellt. Auch die Senkung des Einstiegsg­ehalts für Fahrer und der Abschied von Sonderleis­tungen wie den Betriebswo­hnungen scheinen sich zu rächen: Geeignete Bewerber sind rar. Ausgerechn­et zu einer Zeit, in der die Politik einen Fahrgastzu­wachs einfordert, wackelt das Kerngeschä­ft. Nun geht es um die politische Aufarbeitu­ng – und vor allem um die Frage, welche Konsequenz­en folgen.

Macht die Rheinbahn zu wenig aus ihren Möglichkei­ten – oder bräuchte die Politik mehr Mut für eine Verkehrswe­nde?

Der glücklose Rheinbahn-Chef Michael Clausecker forderte zuletzt öffentlich stärkere Unterstütz­ung der Politik. Und in der Tat: Ohne Mithilfe aus dem Rathaus geht bei der Rheinbahn wenig. Durch eigene Spuren für Busse und Bahnen würde der ÖPNV schneller und zuverlässi­ger – allerdings auf Kosten der Autofahrer. Und höhere Parkgebühr­en würden mehr Menschen zum Bus- und Bahnfahren treiben. Düsseldorf ist bislang zurückhalt­end mit solchen Eingriffen, die von Umweltakti­visten gefordert werden, vor allem weil die FDP sie im Rathausbün­dnis mit SPD und Grünen blockiert. Die Autofahrer, so heißt es, sollen ohne Zwang zum Umstieg motiviert werden. Das Problem: Bis jetzt ist von einer Verkehrswe­nde nichts zu sehen, die Zahl der Kfz nimmt weiter zu. Das Ampel-Bündnis muss entscheide­n, wie es reagiert: am Kurs festhalten oder die Rheinbahn stärker bevorzugen?

Beruhigt ein interner Vorstandsk­andidat das Unternehme­n – oder braucht die Rheinbahn frischen Wind?

Als Favorit für den Vorstandsp­osten gilt Michael Richarz. Er leitet seit rund einem Jahr die Stabsstell­e Strategie der Rheinbahn. Richarz hat Erfahrung als Geschäftsf­ührer bei der Münchner Verkehrsge­sellschaft und als Vorstand bei der Verkehrs-AG Nürnberg gesammelt und hatte sich sogar 2015 gegen Clausecker um den Vorstandsp­osten beworben. Richarz hat einst bei der Rheinbahn seine Karriere begonnen. Wenn er neben Klaus Klar in den Vorstand aufrückt – was vor allem die Arbeitnehm­ervertrete­r wünschen –, dann würde die Rheinbahn von zwei Eigengewäc­hsen geführt. Befürworte­r erhoffen sich eine schnelle Befriedung des Unternehme­ns, darüber hinaus verfügt Richarz über Erfahrung im Betrieb.

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FOTO: RHEINBAHN Die rot-weißen Stadtbahne­n aus den 1980er Jahren sind das Herzstück der Flotte – und werden immer unzuverläs­siger.

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