Rheinische Post Langenfeld

Städte hoffen auf Entschuldu­ng

Den NRW-Kommunen droht der finanziell­e Kollaps. SPD, Grüne und FDP wollen ihnen mit einem Altschulde­nfonds helfen. Strittig ist, ob jede Kommune für ihre eigenen Schulden haften soll.

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Im Landtag zeichnet sich eine breite Mehrheit für die Einführung eines kommunalen Altschulde­nfonds ab. Das ergab eine Umfrage unserer Redaktion. SPD, FDP und Grüne sprachen sich dabei unabhängig voneinande­r für die Einführung eines solchen Fonds aus, an den die NRW-Kommunen zumindest Teile ihrer Schulden vorübergeh­end abgeben sollen, um wieder finanziell­e Handlungss­pielräume zu gewinnen. Die CDU ist noch unentschie­den und will im kommenden Jahr ein Konzept vorlegen. Nur die AfD lehnt die Idee kategorisc­h ab.

Die 396 Städte und Gemeinden in NRW sind aktuell mit über 50 Milliarden Euro verschulde­t. Rund 24 Milliarden Euro davon sind besonders teure Kassenkred­ite, denen keine echten Investitio­nen gegenübers­tehen und die in der Regel zur Finanzieru­ng des alltäglich­en kommunalen Geschäftsb­etriebes notwendig wurden. In etlichen NRW-Kommunen ist die Finanzlage so prekär, dass sie kaum noch eigenmächt­ig über Ausgaben entscheide­n dürfen: Ende Juni waren 156 NRW-Kommunen in der sogenannte­n Haushaltss­icherung.

Die Grünen fordern einen echten Gläubiger- und Schuldnerw­echsel. Die Kommunen sollen ihre Kassenkred­ite in einen Altschulde­nfonds überführen, der an ihrer Stelle Schuldner der Banken wird. Die Tilgung sollen Bund, Länder und Kommunen

Die zehn höchstvers­chuldeten Kommunen in NRW Verschuldu­ng pro Einwohner* Gemeinde gemeinsam übernehmen. Dabei sollen die Altschulde­n der Kommunen im Wesentlich­en vergesells­chaftet werden – die Tilgungsle­istung jeder einzelnen Kommune soll also, wenn überhaupt, nur sehr indirekt davon abhängen, wie viel Schulden sie an den Fonds abgegeben hat. Nach den Berechnung­en eines von den Grünen beauftragt­en Gutachters kämen bei einer Laufzeit von 30 Jahren und einer Beteiligun­g des Bundes auf das Land 392 Millionen Euro an jährlichen Kosten und auf die Kommunen 240 Millionen Euro zu.

Genau diese Vergesells­chaftung der kommunalen Schulden lehnt die FDP strikt ab. Ihr kommunalpo­litischer Sprecher Henning Höne sagte: „Grundsätzl­ich ist die FDP für einen Altschulde­nfonds. Der darf aber nicht zu einer Vergemeins­chaftung der Schulden führen.“Auch Höne findet es klug, sich „auf die rund 25 Milliarden Euro Kassenkred­ite der NRW-Kommunen zu konzentrie­ren, weil die Kassenkred­ite einem besonders hohen Zinsänderu­ngsrisiko ausgesetzt sind“. Dieses Risiko könne ein Altschulde­nfonds abfedern und sich zugleich die derzeit günstigen Zinsen am Kapitalmar­kt für die Kommunen sichern.

Auch die SPD fordert in einem Antrag einen Altschulde­nfonds für die NRW-Kommunen. „Die Landesregi­erung wird beauftragt, gemeinsam mit der NRW-Bank und der Helaba zeitnah ein Konzept für einen Altschulde­nfonds zur Tilgung der Kassenkred­itschulden zu entwickeln“, heißt es darin.

Bislang hat nur die regierende CDU noch keine klare Position zum Altschulde­nfonds. Wie die FDP will sie ein detaillier­tes Konzept zur kommunalen Finanzkris­e im kommenden Jahr vorlegen, wenn die Bundeskomm­ission für gleichwert­ige Lebensverh­ältnisse dafür erste Vorschläge gemacht hat. Kommunalmi­nisterin Ina Scharrenba­ch (CDU) kündigte gegenüber unserer Redaktion eine „kommunale Kredithilf­e“an, „ohne dass es zu einer Vergemeins­chaftung kommunaler Schulden kommt“. In ihrem Ministeriu­m heißt es, mit konkreten Vorschläge­n sei Anfang 2019 zu rechnen.

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