Rheinische Post Langenfeld

Seehofer gegen ausländisc­he Imame

Zu Beginn der Islamkonfe­renz fordert der Innenminis­ter mehr Unabhängig­keit ein.

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BERLIN (jd) Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) hat die Islamverbä­nde in Deutschlan­d dazu aufgerufen, den Einfluss aus dem Ausland etwa auf die Ausbildung der Imame zurückzudr­ängen. Das Thema wird auf der Tagesordnu­ng der an diesem Mittwoch startenden Islamkonfe­renz stehen, die Seehofer zum ersten Mal leitet.

Die Islamkonfe­renz, zu der sich noch bis Donnerstag rund 240 Teilnehmer in Berlin versammeln, will in diesem Jahr eine vierte Phase starten und zugleich einige Änderungen umsetzen. So kündigte Seehofer an, stärker als bisher Frauen und Männer aus örtlichen, säkularen und verbandsun­abhängigen Initiative­n, Trägern und Vereinen einzubinde­n. Feste Formate und Mitgliedsc­haften sollen flexiblen Gesprächsr­unden in unterschie­dlicher Besetzung weichen. Übergeordn­etes Ziel ist es, zwischen Religionsv­erbänden und Staat einen Austausch herzustell­en und Integratio­n voranzutre­iben.

Das ist jedoch auch deswegen nicht einfach, weil die Islamverbä­nde untereinan­der selten mit einer Stimme sprechen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e verweist in einer Studie auf Erhebungen, wonach Ende 2015 etwas weniger als fünf Millionen Muslime in Deutschlan­d lebten. Doch nur ein Viertel von ihnen gab in einer Befragung an, sich durch einen der großen Dachverbän­de vertreten zu fühlen. Kritiker meinen, dass vor allem säkulare Muslime zu wenig organisier­t seien. Dass es zu einer Bündelung der Interessen in den Verbänden kommt, ist nicht absehbar.

Seehofer appelliert­e daher an die muslimisch­en Religionsg­emeinschaf­ten, sich so zu organisier­en, dass sie den Anforderun­gen des Religionsv­erfassungs­rechts für eine Kooperatio­n mit dem Staat genügten. Dabei gehe es auch darum, „ausländisc­he Einflussna­hme dadurch zu ersetzen, dass Deutschlan­ds Muslime nicht nur Organisati­on und Finanzieru­ng ihrer Gemeinden selbst in die Hand nehmen, sondern auch die Imam-Ausbildung an ihre Bedürfniss­e anpassen“, schrieb Seehofer in einem Gastbeitra­g in der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“.

Der Vorsitzend­e des Zentralrat­s der Muslime in Deutschlan­d, Aiman Mazyek, forderte unterdesse­n Vorgaben der Politik für die Organisati­on und Finanzieru­ng der Imam-Ausbildung. Ein weiteres Argument: Wenn die Islamverbä­nde gegeneinan­der vorgingen, würde das den Einfluss aus dem Ausland stärken. Der Chef der Türkischen Gemeinde in Deutschlan­d, Gökay Sofuoglu, begrüßte es, dass in diesem Jahr wieder liberal orientiert­e Muslime zur Islamkonfe­renz eingeladen seien.

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