Verfassungsrichter prüfen Bankenunion
Seit Dienstag verhandelt das Gericht über eine Klage gegen die Bankenunion. Die Bundesregierung verteidigt die europäischen Lösungen. Die Kläger wenden ein, Deutschland habe seine Hoheitsrechte aufgegeben.
FRANKFURT Die Bundesregierung hat die deutsche Beteiligung an der europäischen Bankenunion am Dienstag vor dem Bundesverfassungsgericht verteidigt. Ein lokales Bankenproblem könne sich leicht zu einem Stabilitätsproblem für die gesamte Eurozone auswachsen, sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im Finanzministerium, Christine Lambrecht, in Karlsruhe. Eine Gruppe von Klägern um den Berliner Professor Markus Kerber wertet die Übertragung der Bankenaufsicht auf europäische Institutionen als verfassungswidrig. In der mündlichen Verhandlung nannte Kerber es „unfassbar“, dass Deutschland im Zuge der Bankenunion Hoheitsrechte einfach abgegeben habe. Nationale Kompetenzen in diesen Bereichen seien unverzichtbar.
Im Kern geht es in dem Verfahren um zwei zentrale Aufgaben der Bankenunion. Zum einen geht es um die Aufsicht von systemrelevanten Banken im Euroraum. Die ist seit 2013 bei der Europäischen Zentralbank angesiedelt. Diese zentrale Aufsicht überwacht Banken, deren Bilanzsumme 30 Milliarden Euro übersteigt oder 20 Prozent der Wirtschaftsleistung eines Landes ausmacht. Zum anderen geht es um eine Behörde, die marode, also vor der Pleite bedrohte Banken abwickeln soll. Diese Abwicklungsbehörde baut zurzeit einen Fonds von 25 Milliarden Euro auf. In den zahlen alle Geldinstitute ein, um pleitebedrohte Banken zu stützen oder abzuwickeln. Beide Institutionen sollen künftig Finanzund Währungskrisen wie in der Vergangenheit verhindern.
In der Tat gehe es bei dem Verfahren in erster Linie um die Frage nach Kompetenzen, stellte Bundesverfassungsgerichtspräsident Andreas Vosskuhle fest. Im Mittelpunkt des Verfahrens stünden „Kompetenzfragen und nicht etwa Fragen zur Sinnhaftigkeit der Bankenunion, über die das Bundesverfassungsgericht nicht zu befinden hat“. Dabei geht es nach Vosskuhle vor allem um die Auslegung des Begriffs „besondere Aufgaben“. Denn laut EU-Vertrag dürfen der EZB nur „besondere Aufgaben“in der Finanzaufsicht übertragen werden. Nach Ansicht der Kläger sei mit der Bankenunion und der EZB-Bankenaufsicht diese Grenze klar überschritten. Die Kläger befürchten, dass Deutschland in der Bankenunion für Bankenausfälle in anderen Ländern Europas haften müsse, gleichzeitig aber bei der Bankenaufsicht nicht mehr das Ruder in der Hand halte. Die Bundesregierung und die Finanzaufsicht Bafin dagegen verteidigten die Lösung als einzig gangbare. Banken im Euroraum seien hochgradig vernetzt, stellte Bafin-Präsident Felix Hufeld fest. Und auch deutsche Institute hätten ein erhebliches Vermögen in anderen EU-Staaten. „Insgesamt kann ich bestätigen, dass das Niveau der Aufsicht deutlich gewonnen hat“, so Hufeld.
Staatssekretärin Lambrechterklärte, eine nationale Bankenaufsicht stoße angesichts der zahlreichen internationalen Verflechtungen in der Banken- und Finanzbranche schnell an ihre Grenzen. Deswegen sei die Regelung in Form von Bankenaufsicht und Abwicklungsbehörde in der europäischen Bankenunion „Schlüsselelemente, um Krisen entgegenzuwirken“. Ein Urteil in Karlsruhe soll frühestens in drei Monaten fallen.