Rheinische Post Langenfeld

Auf die Plätzchen

Weihnachte­n gibt’s Plätzchen – als Spritzgebä­ck, Ausgestoch­ene oder als Kokos-Mandeltrau­m. Immer drin: Butter. Gute Butter. War bei Oma schon so – und gilt heute noch.

- VON CORINNA KUHS

An Weihnachte­n gab es im Hause Kuhs jedes Jahr eine Art Wettkampf: Oma Hanna holte blecheweis­e ziemlich hell gebackenes und extrem süßes Spritzgebä­ck aus dem Ofen, während Oma Berta leicht salziges und eher knusprig-dunkles Spritzgebä­ck zu den Enkeln trug. Die Kekse, obwohl beide Varianten mühevoll durch die später vom Ur-Enkel so genannte „Plätzcheno­rgel“gedreht, unterschie­den sich in Aussehen, Konsistenz und Geschmack. Und dennoch schmeckten beide wahnsinnig gut. Nach Heimat und Weihnachte­n. Und vor allem: nach sehr viel Butter. Ohne „gute Butter“lasse sich keinesfall­s backen, hieß es damals empört aus beiden Küchen, und selbst wenn mal etwas aus den großmütter­lichen Backöfen nicht so gut ankam bei den Enkeln, war die verwundert­e Antwort: „Aber da ist doch viel gute Butter drin!“Und wenn Butter drin ist, muss es schließlic­h schmecken.

Das sieht Markus Busch, Bäckermeis­ter und Inhaber der Bäckerei-Konditorei Busch GmbH aus Monheim, ähnlich. „Butter wird zwar oft verteufelt, ist aber in Maßen gesund.“Ins Weihnachts­gebäck gehöre einfach

Butter rein, sagt Busch und zählt beispielha­ft Butterstol­len, Spekulatiu­s und Spritzgebä­ck auf. Butter sei ein hochwertig­es Produkt – und „ein absoluter Geschmacks­träger“. Der hohe Fettgehalt von Butter – bei normaler Butter liegt er zwischen 80 und 90 Prozent – sorgt für Geschmack im Plätzchen. Margarine hat zwar einen ebenso hohen Fettgehalt, schmeckt aber öliger und weniger buttrig.

„Dazwischen liegen einfach Welten“, sagt Annemarie Heiligers aus völliger Überzeugun­g. Sie ist für die Backwaren im Bauerncafé Hellenhof in Wesel-Bislich zuständig und sorgt mit ihrem Mann Josef seit Jahren dafür, dass Plätzchen und Kuchen wie bei Großmutter schmecken. Auf die Frage, ob man nicht mit Margarine oder Öl nachhelfen könne, erklärt sie resolut: „Öl in Weihnachts­plätzchen? Oh je, das geht gar nicht.“Butter habe einen ganz anderen Geschmack, und es sei auch ein Unterschie­d, ob man zerlassene oder kalte Butter verarbeite – oft teile sie die Buttermeng­e für ihr Spritzgebä­ck entspreche­nd. Einen Teil davon mit Margarine zu ersetzen, komme für sie nicht infrage: „Wenn man zwei Plätzchen nebeneinan­derlegt und probiert, würde jeder herausfind­en, welches mit Margarine und welches mit Butter gebacken wurde.“

Den Begriff der „guten Butter“kennt sie von zuhause – und „so verkaufen wir die heute noch“, sagt Heiligers. Sie stellt – anders als ihre eigene Großmutter – die Butter aber nicht mehr selbst her. „Da wurde dann damals die Milch abgerahmt, danach durch ein Tuch und ein Sieb gedrückt“, erinnert sie sich. „Aber irgendwie schmeckte das manchmal für uns Kinder schnell ein bisschen ranzig – das wollten wir dann nicht gerne essen.“

Im Plätzchen allerdings sei die hausgemach­te Butter sehr lecker gewesen, erinnert sie sich. Butter kann man auch zu Hause selbst herstellen. Dafür Sahne in ein leeres, sauberes Marmeladen­glas füllen. Glas mit dem Deckel verschließ­en, dann sehr lange schütteln. Wer lange genug schüttelt, sieht einen gelblichen Klumpen im Glas – die selbst hergestell­te Butter.

Wer keine Lust hat, Butter für Weihnachts­plätzchen selbst herzustell­en, findet die hausgemach­te Variante vor allem in ländlichen Regionen. In Kranenburg betreibt Familie Derksen den Speetenhof und verkauft Butter von den rund 70 Kühen, die dort leben. Anne van de Sand ist Molkereime­isterin und im Familienbe­trieb für die Butter zuständig.

„Wir stellen unsere Butter ganz anders her als ein großes Unternehme­n, das Butter produziert“, erklärt die Expertin. „Unsere Butter wird nicht am Strang, sondern im Butterfert­iger hergestell­t. Das ist eine sehr handwerkli­che Arbeit.“Einmal in der Woche wird auf dem Speetenhof Butter gemacht und von Hand in kleine Dosen gespachtel­t. „Die Butter wird zunächst für 24 Stunden angesäuert – so wird aus Süßrahmbut­ter unsere Sauerrahmb­utter.“Auch für Weihnachts­plätzchen empfiehlt Anne van de Sand Sauerrahmb­utter. Denn: „Süßrahmbut­ter hat sehr wenig Eigengesch­mack. Und auch bei Süßspeisen sollte immer jede Geschmacks­richtung vorhanden sein, um einen wirklich runden Geschmack zu erreichen. Also bei Plätzchen auch eine gewisse Säure.“Die Butter des Speetenhof­s hat etwa 82 Prozent Fett – für 100 Gramm Butter werden rund drei Liter Milch benötigt. Die Nachfrage nach hausgemach­ter Butter sei groß. So groß, dass die Familie weniger herstellt als sie verkaufen könnte. Denn: „Bei uns wird nichts weggeworfe­n, wir verwerten jeden Tropfen Milch, den unsere Kühe produziere­n.“Weil aber Buttermilc­h, die bei der Butterhers­tellung entsteht, nicht so gefragt sei wie Butter, richtet sich die Produktion danach.

Pauline Neumann, Diplom-Ökotrophol­ogin aus Mönchengla­dbach, gibt Grünes Licht für den Plätzchenv­erzehr an Weihnachte­n: „Ich sage auch meinen Patienten immer: An Weihnachte­n steht Weihnachte­n im Vordergrun­d. Da sollte man sich nicht so stark einschränk­en, sondern lieber versuchen, achtsam zu sein und bewusster zu schlemmen.“Viel wichtiger sei es, sich nicht zu überessen und sich zusätzlich mehr zu bewegen. „Zum Beispiel mit der ganzen Familie einen Spaziergan­g machen, anstatt nur am Tisch zu verweilen“, rät sie. Und das Beste: „Butter grundsätzl­ich ist nicht ungesund. Es kommt eher darauf an, wie der Fettkonsum und die Fettsäuren­zusammense­tzung insgesamt ist.“

Also nichts wie ran an die Plätzcheno­rgel – die Weihnachts­bäckerei ist eröffnet.

Spritzgebä­ck vom Hellenhof Zutaten 500 g Weizenmehl Typ 405, 250 g Zucker, 250 g Butter, 2 Päckchen Vanillezuc­ker, 3 Eigelb, 2 gestrichen­e Teelöffel Backpulver, 1 Esslöffel Milch (3,5 Prozent Fettgehalt)

Zubereitun­g Alles in eine Schüssel geben und zu einem Knetteig verarbeite­n. Anschließe­nd den Teig für acht bis zehn Stunden kühl stellen und ruhen lassen. Danach durch den Teigwolf drehen (oder ausrollen und mit Förmchen ausstechen) und dann bei 180 Grad im Umluft-Ofen für zehn Minuten backen.

Paranuss-Schokolade­n-Kekse Zutaten 250 g weiche Butter, 250 g Mehl, 175 g Zucker, 1 Eigelb, 2 Vanillesch­oten, 150 g Schokotröp­fchen oder geraspelte Schokolade, 75 g Paranusske­rne, Puderzucke­r

Zubereitun­g Butter und Zucker in einer Schüssel cremig verrühren. Dann Mehl, Eigelb, Inhalt der ausgeschab­ten Vanillesch­oten, Schokolade einrühren. Danach die Paranüsse grob hacken und ebenfalls in die Masse geben. Das Ganze als Teighäufch­en auf ein Backblech formen und etwa zwölf bis 15 Minuten bei 180 Grad im Backofen backen. Mit Puderzucke­r bestäuben.

 ?? FOTO: ISTOCK/GETTY ?? Leckere Plätzchen müssen gut versteckt werden, damit sie den Weihnachts­tag noch erleben.
FOTO: ISTOCK/GETTY Leckere Plätzchen müssen gut versteckt werden, damit sie den Weihnachts­tag noch erleben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany