Rheinische Post Langenfeld

„Mit AKK gewinnen wir Wahlen in der Mitte“

Der Wirtschaft­sminister bekennt sich als Unterstütz­er der CDU-Generalsek­retärin und zeigt sich verwundert über Wolfgang Schäuble.

- DAS INTERVIEW FÜHRTEN KRISTINA DUNZ UND BIRGIT MARSCHALL.

BERLIN Peter Altmaier ist glücklich über die vielen neuen Gemälde in seinem Wirtschaft­sministeri­um. Im Erdgeschos­s hat der Kunstkenne­r ein großes Bild des Malers Markus Lüpertz aufhängen lassen. Es beschäftig­t sich mit dem Wandel nach dem Steinkohle-Bergbau in Nordrhein-Westfalen und trägt den Titel „Glückauf Zukunft“. In seinem Büro prangen mehrere bunte Bilder des Nachwuchs-Künstlers Leon Löwentraut an den Wänden, auch sie sind Leihgaben.

Herr Altmaier, Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble wirbt für Friedrich Merz als neuen CDU-Vorsitzend­en. Droht der Partei nach der Wahl von entweder Friedrich Merz oder Annegret Kramp-Karrenbaue­r oder von Jens Spahn am Freitag die Spaltung?

ALTMAIER Unser Ziel muss sein, dass die CDU und das Land nach dem Parteitag in Hamburg besser dastehen als zuvor. Mit den acht Regionalko­nferenzen zur Vorstellun­g der Kandidaten haben wir einen Prozess mit Einbindung Zehntausen­der Mitglieder angestoßen, den viele uns gar nicht zugetraut hätten. Das zeigt, wie vital die CDU ist. Deshalb hat es mich überrascht und gewundert, dass Wolfgang Schäuble als eine der ersten führenden Persönlich­keiten der CDU nun klar für Friedrich Merz Position bezieht. Er wird seine Gründe dafür haben.

Sie gelten als Unterstütz­er der Generalsek­retärin, die wie Sie aus dem Saarland stammt.

ALTMAIER Ich habe es aber aus Respekt vor den Delegierte­n bislang nicht öffentlich geäußert. Da Wolfgang Schäuble nun den Damm gebrochen hat, kann ich sagen: Ich bin überzeugt, dass wir mit Annegret Kramp-Karrenbaue­r die beste Chance haben, die CDU zu einen und Wahlen zu gewinnen. Das hat sie mehrfach unter schwierige­n Bedingunge­n im Saarland als Innenminis­terin und Ministerpr­äsidentin bewiesen.

Was zeichnet Kramp-Karrenbaue­r genau aus?

ALTMAIER Der Parteitag hat die Wahl zwischen drei guten Kandidaten, die alle Respekt und Anerkennun­g verdienen. Friedrich Merz würde sicherlich der FDP viele Stimmen abjagen. Die CDU muss aber ihre Position in der Mitte verteidige­n. Union und FDP sollten sich nicht gegenseiti­g kannibalis­ieren. Annegret Kramp-Karrenbaue­r wäre die gefährlich­ste Kandidatin für Grüne und SPD. Sie gewinnt Wahlen in der Mitte. So wie es zuvor Konrad Adenauer und Helmut Kohl immer getan haben – mit einem starken Angebot an Arbeitnehm­er, Handwerker, Mittelschi­cht und Selbststän­dige, die für die Mehrheitsf­ähigkeit einer Volksparte­i im Land unverzicht­bar sind. Wir brauchen jetzt ein eindeutige­s Signal für unseren Willen, Deutschlan­d gut weiter zu regieren und zu gestalten. Wir dürfen den Fehler der SPD nicht nachmachen, die nach Gerhard Schröder nach links gerückt ist. Damit hat die SPD ihre eigene Mehrheitsf­ähigkeit eingebüßt. Und außerdem hat sie seither zehn Parteichef­s verschliss­en mit einer durchschni­ttlichen Amtszeit von zwei Jahren.

Würde die CDU mit Friedrich Merz nach rechts rücken?

ALTMAIER Die Ära von Helmut Kohl wie auch von Angela Merkel war nur möglich, weil die Union immer mit einem festen Wertegerüs­t in die Mitte integriert und die Mitte niemals dem politische­n Gegner überlassen hat. Alle drei Kandidaten sind gut. Man muss aber bedenken, dass Popularitä­t nach innen nicht automatisc­h Mehrheitsf­ähigkeit nach außen bedeutet.

Noch einmal zur Frage nach der Spaltung der CDU. Wie groß sehen Sie die Gefahr?

ALTMAIER Nach der Vorstandsw­ahl müssen wir die Einheit der Union konsequent in den Vordergrun­d stellen und uns wieder sichtbarer mit den Themen beschäftig­en, die die Menschen direkt bewegen. Ein Grund für den Auftrieb der AfD liegt auch darin, dass alle anderen Parteien gemeinsam immer wieder den Eindruck erweckt haben, es ginge ihnen in erster Linie um parteipoli­tische Belange und nicht um Problemlös­ungen für das Land in den drängenden außen-, wirtschaft­sund sozialpoli­tischen Fragen. Die Welt dreht sich weiter. Wir haben es internatio­nal mit schweren Verwerfung­en in diesen Bereichen zu tun: Ukraine-Krise, Brexit, ungelöste Handelskon­flikte.

Wäre der Wahlsieger klug beraten, die Unterlegen­en in die engere Parteispit­ze oder ins Kabinett zu bringen?

ALTMAIER Eins nach dem anderen. Es wäre ein unglücklic­her Eindruck nach außen, wenn das Bild entstünde, es ginge wieder nur um persönlich­e Erfolge und Misserfolg­e. Es gibt in der Partei und weit darüber hinaus übrigens den klaren Wunsch, dass Angela Merkel ihre Amtszeit als Kanzlerin nicht vor 2021 beendet. Wir müssen endlich dazu kommen, eine ganz normale Agenda abzuarbeit­en. Seit eineinhalb Jahren geht es viel zu viel um reine Parteipoli­tik und personalpo­litische Streitigke­iten. Es wäre zum Beispiel kein gutes Zeichen, wenn Bund und Länder jetzt einen epischen Streit über die Frage des Digitalpak­ts für die Schulen austragen würden. Der Digitalpak­t ist ein wichtiges Verspreche­n, das zum Wohle unserer Kinder eingelöst werden muss und das nicht im föderalist­ischen Klein-Klein zerrieben werden darf.

Entscheide­t die CDU jetzt auch über den nächsten Kanzler oder die nächste Kanzlerin?

ALTMAIER Für mich ist die Wahl des oder der neuen Parteivors­itzenden keine automatisc­he Vorentsche­idung für die Kanzlerkan­didatur. Ich hielte es für einen absoluten Fehler, wenn die Partei sofort sagen würde, der oder die neue Parteivors­itzende solle automatisc­h auch Kanzlerkan­didat werden. Denn es ist doch noch überhaupt nicht klar, wer in zwei Jahren die besten Aussichten haben wird, 2021 die Wahl für die CDU zu gewinnen.

Hat Friedrich Merz einen richtigen Punkt getroffen, den Sie unterstütz­en – dass nämlich der Staat die private Altersvors­orge in Aktien steuerlich unterstütz­en sollte?

ALTMAIER Der richtige Punkt ist, dass wir mehr Menschen davon überzeugen müssen, zusätzlich zur gesetzlich­en Rentenvers­icherung auch private Altersvors­orge zu betreiben mit Unterstütz­ung des Staates, wie wir dies bei Riester bereits machen. Ich war aber immer dagegen, die Unterstütz­ung auf eine einzelne Anlageform zu begrenzen. Ich habe nichts dagegen, künftig auch den Erwerb von Aktien zu fördern, aber der Aktienerwe­rb darf gegenüber allen anderen Anlageform­en nicht etwa durch einen Extra-Freibetrag bevorzugt werden. Denn für mich ist der Hüttenarbe­iter im Saarland, der für seine Altersvors­orge Wohneigent­um erwirbt, genauso förderungs­würdig wie derjenige, der in München oder in Düsseldorf in Aktien investiert.

Wenn wir vor einiger Zeit in Auto-Aktien investiert hätten, wäre es uns bis heute nicht besonders gut ergangen. Was halten Sie denn vom Besuch der deutschen Autobosse bei Donald Trump? Das grenzte ja schon an Verzweiflu­ng.

ALTMAIER Nein. Die deutschen Automobilu­nternehmen haben seit vielen Jahrzehnte­n in den USA investiert und dort über 80.000 Arbeitsplä­tze geschaffen, wenn man die Zulieferer berücksich­tigt, weit über 100.000. Deshalb ist es völlig normal, wenn sie über ihre Geschäftsp­olitik in den USA auch die politisch Verantwort­lichen in Washington sprechen. Nach allem, was ich weiß, sind dort keine Verhandlun­gen über Zölle und Handelsstr­eitigkeite­n geführt worden, sondern es ging um die Geschäftsp­olitik der deutschen Autoherste­ller in den USA. Das ist ein ganz normaler Vorgang.

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FOTO: LAIF Minister mit Ausblick: Peter Altmaier schaut aus seinem Büro in den Regen.

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