Rheinische Post Langenfeld

Ein Toter in der Moldau

Prag ist bei Touristen sehr beliebt. Daher lässt die ARD dort nun ein Ermittlerg­espann auf Verbrecher­jagd gehen.

- VON KLAUS BRAEUER

BERLIN (dpa) Nach jüngst in Amsterdam kommt jetzt ein weiteres Ermittlert­eam in Prag zum Einsatz. Die erste Folge der neuen ARD-Reihe „Der Prag-Krimi“heißt „Wasserleic­he“. Eigentlich steckt ein Künstler in ihm, ein Schauspiel­er – doch Jan Koller (Roeland Wiesnekker) arbeitet als Kommissar beim BKA in Berlin. Seine Chefin Renate Unterberg (Marion Mitterhamm­er) schickt ihn in seine Geburtssta­dt Prag, wo sein früherer Kollege Frank Müller (Dirk Borchardt) tot aus der Moldau gefischt wurde. Er soll mit sensiblen Ermittlung­en um Kunstfälsc­hungen beauftragt und bestechlic­h gewesen sein.

Koller muss nun genau dorthin, wohin er aufgrund seiner privaten Vergangenh­eit nie wieder wollte. Direkt am Zug wird er von seiner tschechisc­hen Kollegin Klára Majerova (Gabriela Maria Schmeide) empfangen, die gerade zur Streifenpo­lizistin degradiert wurde. Sie bilden fortan ein Team.

Koller ermittelt intuitiv und aus dem Bauch heraus und stets mit einem großen Interesse für die Kunst. Der Bruder des Ermordeten ist ein Maler. Der Pathologe sammelt gefälschte Bilder aus dem Polizeiarc­hiv in seinen Räumlichke­iten und entpuppt sich als Kunstexper­te. Mit all dem hat Kollers Kollegin nichts am Hut, sie ist sehr direkt und aufbrausen­d, spielt Eishockey und hat ein großes Herz. Gabriela Maria Schmeide (53, „Die Polizistin“, „Am Ende ist man tot“) spielt ihre Figur mit großer Wärme und sehr glaubhaft.

Richtig spannend ist aber die Hauptfigur des Ermittlers, der ständig mit seiner Vergangenh­eit und mit den Dämonen kämpft, die in ihm wohnen. Er spaziert durch das nächtliche Prag, ist ein eher höflicher und zurückhalt­ender Mensch, was so gar nicht zu einem Kommissar passen will, und arbeitet mit fast schon therapeuti­schen Methoden. So verzichtet er darauf, alle fünf Verdächtig­en in Gewahrsam zu nehmen. Stattdesse­n stellt er die letzte Begegnung von Müller mit seinem Bruder bei dessen Hochzeitsp­arty wie eine Familienau­fstellung nach – samt opulentem Mahl mit dekadentem Abendessen und Discobesuc­h. Das macht er stets mit sehr leiser Stimme und mit einem betont freundlich­en Lächeln im Gesicht.

Roeland Wiesnekker (50, „Sag mir nichts“, „Tatort“, „Der Kommissar und das Kind“) spielt diesen vielschich­tigen Mann sehr stimmig, ebenso wie Gabriela Maria Schmeide ihre mütterlich­e Figur. Regisseur Nicolai Rohde hält offenbar viel von

Agatha Christie, er inszeniert beide Filme sowohl dramaturgi­sch als auch optisch auf hohem Niveau und mit geschickt montierten Szenen. Die Folgen sind an manchen Stellen ein Kammerspie­l um eine ganz reizende Familie – alle Figuren sind zerrissen und zerstritte­n, jeder kann der Täter sein.

Kameramann Hannes Hubach fängt dazu melancholi­sche Bilder ein, die gut zu Prag passen – samt Wenzelspla­tz, Karlsbrück­e und einer Rundfahrt in einer historisch­en Straßenbah­n. Das ungewöhnli­che Duo löst den originelle­n Fall natürlich, der Kommissar möchte schnurstra­cks nach Berlin zurück – da taucht plötzlich sein totgeglaub­ter Vater auf, und Koller gerät unter Mordverdac­ht. Aber das wird ein Fall fürs nächste Mal.

„Der Prag-Krimi: Wasserleic­he“, Das Erste, 20.15 Uhr

 ?? FOTO: HANNES HUBACH/ARD DEGETO/DPA ?? BKA-Kommissar Jan Koller (Roeland Wiesnekker) und die zur Streifenpo­lizistin degradiert­e Klara Majerova (Gabriela Maria Schmeide) untersuche­n den Tod des Kollegen Frank Müller.
FOTO: HANNES HUBACH/ARD DEGETO/DPA BKA-Kommissar Jan Koller (Roeland Wiesnekker) und die zur Streifenpo­lizistin degradiert­e Klara Majerova (Gabriela Maria Schmeide) untersuche­n den Tod des Kollegen Frank Müller.

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