Stolpersteine erinnern an Zwangsarbeiter
Gunter Demnig verlegte in Monheim 16 weitere Gedenksteine. Zuvor hielt er einen Vortrag in der Volkshochschule.
MONHEIM Auf eine Frage, gestand Gunter Demnig, wisse er die Antwort selbst nicht mehr so genau – nämlich, woher eigentlich der Name „Stolperstein“kommt. Eine mögliche Erklärung habe jedoch ein Hauptschüler im Gespräch mit einem Journalisten geliefert: „Man stolpert mit dem Kopf und mit dem Herzen.“Über 70.000 der kleinen Gedenktafeln aus Messing hat der Kölner Künstler Demnig inzwischen vor Wohnhäusern, Geschäften und öffentlichen Gebäuden im Boden eingelassen, um an die Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern – 14 davon seit 2003 in Monheim. Letztere würdigen auf Initiative des Otto-Hahn-Gymnasiums, der katholischen Pfarrgemeinde St. Gereon und des Arbeitskreises Partnerschaft mit Israel ermordete Monheimer Juden und den Pfarrer Franz Boehm, der seine persönliche Haltung mit dem Leben bezahlte.
Jetzt erinnern 16 weitere Stolpersteine an Zwangsarbeiter, die auf Monheimer Stadtgebiet ihr Leben ließen – die meisten von ihnen sind polnischer Herkunft. Und so gesellte sich zur Gruppe, die die kleinen Mahnmale am Vormittag einweihte – elf davon verlegte Demnig selbst – auch eine Delegation aus Monheims polnischer Partnerstadt Malbork um Bürgermeister Marek Charzewski.
Nach dem Rundgang, zu dem der Monheimer Bürgermeister Daniel Zimmermann auch Bürger eingeladen hatte, enthüllten Vertreter von Stadt und katholischer Kirche einen neuen Gedenkstein auf dem Friedhof an der Friedhofstraße für die dort begrabenen Zwangsarbeiter.
Am Abend zuvor hatte der gebürtige Berliner Gunter Demnig seine Arbeit im Saal der Volkshochschule vorgestellt. Der 71-Jährige berichtete in seinem Vortrag unter anderem, wie er im Mai 1990 den einstigen Deportationsweg der Sinti und Roma durch Köln mit Farbe nachgezeichnet hatte. Zwei Jahre später versenkte er einen mit einer Messingplatte versehenen Stein vor dem historischen Kölner Rathaus im Boden – beschriftet mit dem Text des Auschwitz-Erlasses von 1942.
Es war der Startschuss für die „Stolpersteine“, die mittlerweile wie in Monheim und Langenfeld in ganz Europa liegen. „Wenn man eine Zahl von Toten in einem Buch liest, ist es eine abstrakte Größe“, erklärte Demnig, „die Beschäftigung mit einzelnen Schicksalen macht es aber viel klarer.“
Längst hat Demnig, der anfangs allein arbeitete, ein ganzes Team um sich herum versammelt. Und das erntet für die Arbeit generationsübergreifend große Zustimmung, stößt mitunter aber auch auf Ablehnung – und zwar nicht nur aus dem rechten Lager: Charlotte Knobloch von der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern etwa kritisierte, man trample auf den Namen ermordeter Juden mit den Füßen herum. Diese Interpretation hält Demnig für unpassend. Denn die Nazis hätten sich eben nicht damit begnügt, auf Menschen mit Füßen zu treten. Zudem verwies der Künstler auf eine wichtige Eigenschaft des Materials: „Wenn man darüber läuft, bleibt es blank poliert – und damit auch die Erinnerung.“Und wer lesen wolle, was auf den Tafeln stehe, der müsse sich automatisch vor den Opfern verbeugen.