Rheinische Post Langenfeld

Mein Laufen: Ein alter Film und neue Schuhe

In den vergangene­n Monaten ist einiges passiert. Der Traum vom Wettkampf über zehn Kilometer rückt jeden Tag ein bisschen näher.

- VON MICHAEL DEUTZMANN

LANGENFELD Dieser Tage bin ich mal wieder auf dem Laufband – mit dem besten Blick auf die Großbildsc­hirme, auf denen irgendeine Kochshow, eine Talkrunde oder die Wiederholu­ng einer Partie Snooker unterhalte­n sollen. Ich schweife lieber ab und erinnere mich an „Is‘ was, Doc?“. Das ist jene Film-Komödie von 1972 mit Barbra Streisand als Judy Maxwell und Ryan O’Neil als Howard Bannister. Am Ende einer

„Du hast wirklich gut trainiert heute. Aber denk bitte auch an deine Erholungsp­hasen“

Kim Steinigans Trainer Sportpark Landwehr

Verfolgung­sjagd rasen Judy und Howard auf das Wasser zu und es ergibt sich der folgende Dialog: „Wir schaffen es.“„Ausgeschlo­ssen!“„Wir schaffen es.“„Niemals!“„Ich glaub, wir schaffen es...nicht.“Wenig später landen sie mit ihrem Auto in der San Francisco Bay.

Ich glaube, dass ich mich gerade irgendwo dazwischen bewege. Für die, die nicht von Anfang an dabei sind und deshalb nicht wissen, um was es geht, ist die folgende Zusammenfa­ssung gedacht. Meine „Karriere“als Läufer beginnt im späten Frühjahr 2018. Damals bin ich mit meinem Ausdauer-Training nicht mehr glücklich und ich habe mich mit Kim Steinigans zusammenge­setzt, meinem Trainer im Sportpark Landwehr. Wir haben kurzerhand alles auf null gesetzt. Seit diesen Tagen laufe ich mit Brustgurt und Computer am Handgelenk. Stichwort: Herzfreque­nzgesteuer­tes Ausdauer-Training. Mein Ziel ist es von Anfang an, bis zum Ende dieses Jahres wieder vernünftig zehn Kilometer am Stück laufen zu können. Der Tag der Wahrheit ist der 31. Dezember. Dann werde ich meinen ganz persönlich­en Silvesterl­auf in Angriff nehmen.

Die vergangene Woche ist ein Wechselbad der Gefühle. Beispiel: Dienstag, Tempolauf über 50 Minuten. Ich darf meine Herzfreque­nz bis auf 143 Schläge bringen – was der zweithöchs­ten Stufe in der Farbe Gelb entspricht. Ich fühle mich gut. Mein Trainer bestätigt den Eindruck: „Du hast stark trainiert heute.“Dann übertrage ich die Daten auf meinen Rechner und sehe mir den Vergleich an zu einer alten Einheit. Ein krasser Unterschie­d! Drücken wir es in Zahlen aus: Ich laufe inzwischen in der oben genannten Zeit einen Kilometer mehr, ohne in den roten Bereich zu gelangen.

Beispiel: Donnerstag: „Lockeres Joggen“. Das zwingt die Frequenz auf 110. Das Tempo fällt selbst in einer verkehrsbe­ruhigten Zone als zu langsam auf. Es kostet Nerven und richtig viel Spaß macht es auch nicht. Judy und Howard sind wieder dran: „Wir schaffen es.“„Niemals!“Mein Trainer, der ein Muster an Geduld ist, erzählt mir erneut etwas von wichtiger Grundlagen-Ausdauer. Ich weiß es ja, Kim. Und wenn wir demnächst alle Daten miteinande­r vergleiche­n, werde ich nachlesen können: Genau diese Einheiten haben es gebracht.

Nicht im Film, sondern in der Wirklichke­it beschäftig­en mich momentan ein paar banale Dinge. Wer viel trainiert, verbraucht mehr – Energie, Schuhe und Kleidung. Ich blicke an mir herunter und stelle fest: Ein Marken-Junkie bist du nicht. Das Laufshirt stammt von einem deutschen Sportartik­el-Hersteller aus Herzogenau­rach. Die Laufhose ist von Deutschlan­ds größtem Hersteller von Sport- und Freizeitkl­eidung, der nach eigenen Angaben nur in Deutschlan­d produziert. Die Socken habe ich in der hiesigen Filiale eines Groß-Unternehme­ns gefunden. Schuhe? Da geht eigentlich nur das eine bestimmte Modell eines japanische­n Hersteller­s, für den Anima Sana in Corpore Sano gilt.

Vor Kurzem habe ich versucht, mir den einen oder anderen Ersatz zu besorgen. Au weia! Das Hemd – höchstens in Größe XXL zu bekommen. Zu kurz, zu knapp. Die Hose? Kommt, wenn sie fürs längere Laufen sein soll, in der Regel als enge

Wurstpelle daher. Socken: Über Größe 46 ist Glücksache. Und in Kurzsöckch­en sehe ich schrecklic­h aus. Schuhe? Größe 48 probieren? Fast unmöglich. Das hat alles was von der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Verteilt über die Jahre, kann der eine oder andere Glückstref­fer gelingen. Zur kurz- oder mittelfris­tigen Ersatzbesc­haffung muss ich mir wohl was anderes einfallen lassen.

Mir bleiben bis zum Tag der Wahrheit inzwischen nur schlappe zwei Wochen. Wenn ich in mich hineinhöre, spüre ich das, was alle Sportler kennen: Ich bin heiß darauf, dass es losgeht. Vielleicht sind die Dinge, die ich noch zu erledigen habe, so etwas wie der Feinschlif­f. Ich ziehe es auf jeden Fall durch. Versproche­n. Judy und Howard wären vermutlich stolz auf mich.

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RP-FOTO: RALPH MATZERATH Zwei Männer und ein Plan: Sportpark-Trainer Kim Steinigans (links) hat RP-Sportredak­teur Michael Deutzmann vor ein paar Monaten vom computerge­steuerten Ausdauer-Training überzeugt.

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