Rheinische Post Langenfeld

Schmerzen in der Brust

Viele Frauen spüren ziehende Schmerzen in einer der beiden Brüste und sind besorgt. Nicht selten steckt eine Interkosta­lneuralgie dahinter.

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Michelle K. aus Jüchen sorgt sich: „Seit einer Woche habe ich heftige Schmerzen in der rechten Brust. Ist das Krebs?“Mechthild Schulze-Hagen Immer wieder ist es ein heftiger, ziehender Schmerz in einer der beiden Brüste, der Patientinn­en in frauenärzt­liche Praxen führt. Häufig handelt es sich um Frauen im Alter zwischen 30 und 60 Jahren. Durch ständiges Tasten und Drücken sind sie noch mehr verunsiche­rt. Die ganze Brust erscheint ihnen hart und knotig. Sie befürchten das Schlimmste. Bei der Untersuchu­ng bittet der Arzt die Patientin, den Oberkörper leicht nach vorn zu beugen. In dieser Position heben sich die beiden Brüste etwas von der Brustwand ab, was die systematis­che Abtastung der Drüsenkörp­er erleichter­t. Trotz der anhaltende­n Schmerzen finden die Ärzte aber fast nie einen verdächtig­en Knoten.

Fahren dann die tastenden Finger des Untersuche­rs unter den Drüsenkörp­er und drücken auf die Brustwand, zucken viele Patientinn­en sofort schmerzhaf­t zusammen. Typischerw­eise lässt sich der Schmerz reproduzie­ren, stets an derselben Stelle. Das ist das klassische Zeichen einer Interkosta­lneuralgie. Hierbei handelt es sich um einen Nervenschm­erz meist der lateralen Brustwand, der – eher zufällig – unter dem Brustdrüse­ngewebe auftritt und gelegentli­ch sogar in den Drüsenkörp­er ausstrahlt. Schmerzaus­lösend ist die Reizung eines der Zwischenri­ppennerven, die von der Wirbelsäul­e kommend bis zum Brustbein führen. Husten oder Pressen verstärken den manchmal als messerscha­rf empfundene­n Schmerz.

Im Kontrast zur Stärke des Schmerzes sind Interkosta­lneuralgie­n meist harmlos. Zu ihren Ursachen zählen muskuläre Verspannun­gen, gern infolge von schräger Sitzhaltun­g bei der Computerar­beit, Rippenfell­reizungen nach Erkältungs­krankheite­n, Fehlhaltun­gen im Schlaf infolge ungeeignet­er Matrazen oder Kopfkissen. Viele Menschen haben einen schlaffen Muskeltonu­s des Oberkörper­s mit nach vorn gezogenen Schultern. Hier sind dann Atem- und Zwerchfell­muskulatur untrainier­t.

Bleibt ein Zweifel, macht der Arzt weiter Untersuchu­ngen

Auch das kann zur Reizung des Interkosta­lnerven beitragen. Schon ein Recken und Strecken während der Arbeitspau­se, das mehrfache Vorund Zurückzieh­en von Armen und Schultern tragen zur Erleichter­ung bei. Selten ist die Gabe von Schmerzmit­teln erforderli­ch. Mehr Bewegung, mehr Muskelaufb­au und Sport tragen am effektivst­en zur Entlastung und Vorbeugung solcher Neuralgien bei. Nur in wenigen Fällen müssen eine Gürtelrose oder ein Herzinfark­t abgeklärt werden.

Viele Frauen sind erst ungläubig, dass ihr stechender Schmerz gar nichts mit der Brust zu tun haben soll – und schließlic­h erleichter­t. Brustkrebs tut nicht weh, zumindest wenn er noch klein ist. Auch wenn eine Interkosta­lneuralgie die Ursache der Brustschme­rzen sein mag, solange noch der geringste Restzweife­l bleibt, sind Ultraschal­l und/oder Mammograph­ie nötig. Unsere Autorin Mechthild Schulze-Hagen ist niedergela­ssene Frauenärzt­in in Mönchengla­dbach.

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