Rheinische Post Langenfeld

Baute Professor seine Villa auf Kosten der Aachener Hochschule?

- VON STEPHAN MOHNE

AACHEN Es ist eine echte Prachtvill­a, die da seit nicht allzu langer Zeit im Aachener Südviertel an einer der feinsten Adressen der Stadt steht. Ein modernes Gebäude, ein eleganter Kubus, ein Vorzeigeba­u. Sollte es wohl auch sein, denn es ist kein normales Haus.

Es ist ein Forschungs­projekt, ein „Reallabor“, wie es in einer Beschreibu­ng des Projekts heißt. Als solches wurde es nach Informatio­nen der „Aachener Zeitung“von einem Lehrstuhl der RWTH-Fakultät für Architektu­r gebaut, versehen mit Technik, die moderner nicht sein könnte. Diese quasi wissenscha­ftliche Prachtvill­a mit Pool im Garten beschäftig­t jetzt jedoch ganz andere Experten, nämlich solche für Strafrecht. Die Aachener Staatsanwa­ltschaft schaut sich derzeit genau an, was beim Bau des Gebäudes passiert ist. Im Fokus steht der Inhaber des Lehrstuhls, ein höchst renommiert­er und mit mehreren internatio­nalen Preisen dekorierte­r Forscher und Professor.

„Ermittelt wird wegen des Verdachts des Betruges, der Insolvenzv­erschleppu­ng und der Untreue in Bezug auf Gelder der RWTH“, sagte Jost Schützeber­g, Sprecher der Staatsanwa­ltschaft. Angezeigt hat den Mann die RWTH nach Untersuchu­ngen des Sachverhal­ts durch die Innenrevis­ion und die Rechtsabte­ilung der Hochschule. In dem Fall soll sich nach Informatio­nen dieser Zeitung Folgendes zugetragen haben: Für den Bau des modernen Gebäudes soll der Professor der RWTH Drittmitte­l zugesagt haben, die von einer seiner Firmen kommen sollten. Diese Firmen führt er offenbar neben seinem Hauptberuf, teils auch zusammen mit Familienmi­tgliedern, wie Wirtschaft­sdatenbank­en zu entnehmen ist. Besagte Drittmitte­lgeberin sollte eine im Jahr 2004 ins Handelsreg­ister eingetrage­ne Firma sein. Doch aus den Drittmitte­ln wurde wohl nichts. Die Firma rutschte Anfang 2018 ins Insolvenzv­erfahren und wurde im Frühjahr liquidiert.

Eingezogen ist in das Gebäude besagter Professor inklusive seiner Firmen. Man könnte also annehmen, dass er selbst der größte Nutznießer seines eigenen Forschungs­projekts ist.

Und er ist wohl auch sein eigenes Versuchska­ninchen. Denn in der Beschreibu­ng des Projekts heißt es, dass die mit dem Gebäude zu erforschen­den Dinge „in einer wohnlich genutzten Umgebung geprüft werden“und seine, „Bewohner [...] mit dem Prototypen konfrontie­rt“werden sollen.

Rechtsanwa­lt Rolf Schwedhelm aus Köln, der den Professor in dem Verfahren vertritt, wollte sich zu dem Fall nicht äußern. Die RWTH Aachen gibt derzeit ebenfalls keine konkreten Auskünfte.

Fakt ist: Gegen den Aachener Lehrstuhli­nhaber wurde seitens der Hochschule auch ein Disziplina­rverfahren eingeleite­t. Wegen der staatsanwa­ltlichen Ermittlung­en ruht dieses Verfahren. Deswegen kann der Professor nicht suspendier­t werden. Was rechtlich so vorgeschri­eben ist. Schließlic­h gilt die Unschuldsv­ermutung bis zum Beweis des Gegenteils.

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