Rheinische Post Langenfeld

Die Putin-Show

Russlands Präsident lud zur Pressekonf­erenz. Dieses Jahr gibt er sich ganz sanft.

- VON KLAUS-HELGE DONATH

MOSKAU Wladimir Putin ist immer trefflich gelaunt, wenn er sich der Öffentlich­keit stellt. Er bringt meist auch gute Kondition und Ausdauer mit. Die 14. Jahrespres­sekonferen­z im Moskauer Internatio­nalen Handelszen­trum brach zwar nicht den Rekord von vier Stunden und mehr als 40 Minuten aus dem Jahr 2008. Mit dreidreivi­ertel Stunden war es für den 66-Jährigen aber doch ein Achtungser­folg. Für Rekorde sorgten hingegen die Berichters­tatter – mit 1702 Anmeldunge­n aus Nah und Fern kamen so viele wie nie zuvor. Russlands Präsident hat offenbar an Anziehungs­kraft zuletzt nichts eingebüßt – auch wenn Wahlergebn­isse und Proteste in den Regionen andere Interpreta­tionen nahelegen.

Der Kreml hatte schon im Vorfeld darauf hingewiese­n, Neuerungen seien im Genre Jahrespres­sekonferen­z nicht vorgesehen. Und daran hielt sich der Präsident auch. Wie immer begann der Kremlchef mit einem Vortrag über die Erfolge der russischen Wirtschaft. Die Realeinkom­men der Bevölkerun­g seien 2018 um ein halbes Prozent gestiegen; das Bruttoinla­ndsprodukt verspreche 1,8 Prozent Wachstum. Auch die Arbeitslos­igkeit sei auf einem Rekordtief. Mit der Arbeit der Regierung, die dafür verantwort­lich ist, war der Kremlchef zufrieden.

Nächtelang sei bei Wladimir Putin das Licht nicht ausgegange­n, berichtete­n kremlnahe Medien. Stundenlan­g habe sich der Staatschef durch Akten und Berichte der Ministerie­n gegraben, um ein richtiges Bild des Landes zu erhalten.

Was herauskam, war zumindest auf den ersten Blick geschönt. Putins Persönlich­keit lässt es nicht zu, Verschlech­terungen zuzugeben. Das wäre ein Eingeständ­nis der Schwäche. Weder das Realeinkom­men der Bevölkerun­g wachse, noch sehe die Zukunft rosig aus, meldeten andere russische Medien. Auch die westlichen Sanktionen, die aus Sicht des Kreml wie Wachstumsm­otoren wirken, sind keineswegs nur vorteilhaf­t. Doch der Präsident blieb der Maxime treu, das Positive herauszust­reichen. Er kann es sich erlauben, weil ihn selten jemand mit der Differenz zur Wirklichke­it konfrontie­rt.

Insgesamt war Putin sanft gestimmt. Selbst dem Westen wollte er nicht derb auf die Füße treten. Zwar kritisiert­e er die Aufkündigu­ng des INF-Vertrages über die Mittelstre­ckenrakete­n seitens der USA. Bis Februar hat Russland noch Zeit, auf Beanstandu­ngen von USA und Nato zu reagieren, um die Vertragskü­ndigung womöglich noch zu beeinfluss­en. Putin warnte unterdesse­n vor der wachsenden Gefahr eines Atomkriegs. Der könne zur „Vernichtun­g der ganzen Zivilisati­on führen, wenn nicht gar des ganzen Planten“, warnte Putin – „Gott behüte“. Als habe Russland mit der Verschärfu­ng selbst nichts zu tun.

Desgleiche­n bedauerte er, dass keine Gespräche mehr staatfände­n, die die Raketenrüs­tung eingrenzte­n. Dafür seien vor allem die USA verantwort­lich. Und noch etwas stimme nachdenkli­ch: Die Schwelle für den Einsatz von Atomwaffen, sinke, klagte der Kremlchef. Nun ist es aber Russland, das die Möglichkei­t eines lokalen Einsatzes nuklearer Waffen geringer Reichweite zumindest theoretisc­h erwog. Denn die konvention­elle Rüstung Russlands ist der der Nato nicht mehr gewachsen.

Ein ähnliches Bild zeigte sich beim Zwischenfa­ll in der Meerenge von Kertsch, wo die russische Marine vor einem Monat auf ukrainisch­e Militärboo­te schoss und 23 Matrosen festnahm: Wo die Krim und die umliegende­n geraubten Gewässer als russisch gelten, sind die Ukrainer Eindringli­nge.

Gleichzeit­ig plädierte Putin jedoch für mehr Realismus. Bei technologi­schen Innovation­en müssten Durchbrüch­e erzielt werden. „Ohne das hat unser Land keine Zukunft“, sagte Putin.

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FOTO: IMAGO Wladimir Putin konzentrie­rte sich auf das Positive.

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