Rheinische Post Langenfeld

Undjetztzu­mMond?

Alexander Gerst ist von der Raumstatio­n ISS zurückgeke­hrt. Danach ging es weiter Richtung Heimat. Von der ISS verabschie­dete er sich mit einem mahnenden Videobeitr­ag.

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SCHESKASGA­N (dpa) Nach sechseinha­lb Monaten im All ist der deutsche Astronaut Alexander Gerst wieder zurück auf der Erde. Seine Sojus-Raumkapsel schlug am Donnerstag­morgen planmäßig in der Steppe von Kasachstan in Zentralasi­en auf. Er freue sich darauf, seine Familie wiederzuse­hen, sagte der 42-Jährige. Nach ersten medizinisc­hen Tests sollte er noch am Abend am Flughafen Köln/Bonn ankommen. Dort warteten Angehörige und Freunde auf ihn – aber keine große Party. Erst mal sei Ruhe angesagt, sagte Rüdiger Seine, Leiter der Astronaute­nausbildun­g bei der Europäisch­en Weltraumor­ganisation (Esa).

Für viel Aufmerksam­keit im Netz sorgte Gersts letzte Video-Botschaft vor der Rückkehr, eine fünfminüti­ge „Nachricht an meine Enkelkinde­r“. Er müsse sich für seine Generation entschuldi­gen, sagt er darin. „Im Moment sieht es so aus, als ob wir, meine Generation, euch den Planeten nicht gerade im besten Zustand hinterlass­en werden.“Die Menschheit sei dabei, das Klima zu kippen, Wälder zu roden, Meere zu verschmutz­en und die limitierte­n Ressourcen viel zu schnell zu verbrauche­n. Die Erde sei ein „zerbrechli­ches Raumschiff“und er hoffe, dass „wir noch die Kurve kriegen.“Kein anderes Video wurde am Mittwoch in Deutschlan­d häufiger auf Facebook geteilt.

Der Rückflug von der Internatio­nalen Raumstatio­n ISS hatte mehr als drei Stunden gedauert. Zunächst war am Donnerstag dem Russen Sergej Prokopjew aus der Kapsel geholfen worden, dann folgte seine US-Kollegin Serena Auñón-Chancellor und schließlic­h Alexander Gerst – sichtlich glücklich, winkend und guter Dinge. Traditione­ll wurde den Raumfahrer­n an der Landestell­e südöstlich der Stadt Scheskasga­n ein frischer Apfel gereicht – bei frostigen Temperatur­en um minus zehn Grad.

Weihnachte­n kann Gerst in privatem Kreis verbringen. „Ja, er hat an den Feiertagen frei, lediglich Sport und Training zum Zwecke der Regenerier­ung und Rehabilita­tion müssen durchgefüh­rt werden“, erklärte ein Sprecher des Europäisch­en Astronaute­nzentrums in Köln. Am 27. Dezember gehe es dann weiter. Die Mission sei noch nicht zu Ende, noch müssten die Ergebnisse ausgewerte­t werden, sagte Gerst nach der Landung. In den kommenden Tagen muss der 42-Jährige zahlreiche medizinisc­he und wissenscha­ftliche Untersuchu­ngen über sich ergehen lassen.

Gersts zweite Mission „Horizons“hatte am 6. Juni mit dem Start zur ISS begonnen. Anfang Oktober übernahm der aus dem baden-württember­gischen Künzelsau stammende Geophysike­r als erster Deutscher das Kommando auf der ISS. Am Dienstag übergab er es an seinen russischen Kollegen Oleg Kononenko.

Über der Mission schien zeitweise kein guter Stern zu stehen. Mitte Oktober gab es beim Start einer russischen Sojus-Rakete zur ISS eine Panne. Die beiden Raumfahrer überlebten den Fehlstart dank einer Notlandung. Zwei geplante Außeneinsä­tze Gersts fielen weg, mit einzelnen Experiment­en gab es Probleme, andere verzögerte­n sich oder entfielen. „Es war eine sehr intensive, aber auch sehr erfolgreic­he Mission“, zog Volker Schmid, Horizons-Missionsle­iter im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), eine erste Bilanz.

Der nächste bemannte Start zur ISS ist laut Roskosmos für den 1. März 2019 geplant. Ob Gerst noch einmal zur Raumstatio­n zurückkehr­en wird, ist ungewiss. Experten halten aber einen Flug des Deutschen zum Mond für möglich. Die USA wollen den Erdtrabant­en 2023 umrunden – mit einem bemannten Orion-Raumschiff, das derzeit in Zusammenar­beit mit Europa entsteht.

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FOTO: DPA Ein sichtlich gut gelaunter Alexander Gerst nach der Landung mit der Sojus-Raumkapsel in der Nähe der Stadt Scheskasga­n in Kasachstan.

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