„Wir wollten keinen erhobenen Zeigefinger“
Der Gitarrist von AnnenMayKantereit über das zweite Album der Band und politische Lieder.
KÖLN Auf ihrer neuen Platte „Schlagschatten“vollbringen die Shootingstars AnnenMayKantereit aus Köln das Kunststück, sich treu zu bleiben, aber ihrem Werk trotzdem neue Facetten beizubringen. Warum sie dafür extra nach Spanien gereist sind, erklärt Gitarrist Christopher Annen.
AnnenMayKantereit steht für handgemachte Musik, die man auf jeder Straße aufführen könnte. Warum haben Sie dieses Konzept aufgebrochen?
ANNEN Wir wollten nicht dogmatisch sein und nur aufnehmen, was wir eins zu eins auf der Bühne umsetzen können. Es war uns wichtig, den Schritt zu machen, ein Studio auch als Instrument zu nutzen. Deshalb haben wir uns entschieden, nicht mehr zu Moses Schneider ins Hansa-Studio zu gehen, der eine krasse Koryphäe für Aufnahmen in Live-Situation ist.
Sie haben sich selbst mit harter Arbeit und vielen kleinen Auftritten bekannt gemacht und mit dem ersten professionell produzierten
Album „Alles nix Konkretes“einen riesigen Erfolg gelandet. Sind Sie für die Aufnahmen zu „Schlagschatten“vor dem Rummel in Deutschland geflohen?
ANNEN Wir wollten komplett raus sein und nicht in Köln oder Berlin, wo wir tausend Leute kennen und dann doch noch abends ein Bierchen trinken gehen. Deshalb haben wir in Spanien ein kleines Studio in ein Wohnzimmer gebaut. Das war superaufregend und hat dazu beigetragen, dass alles so gut geklappt hat.
Was bedeutet der Titel „Schlagschatten“?
ANNEN Das bezeichnet im Design einen ganz scharfen Schatten auf hellem Hintergrund, und wir glauben, dass auf allen Dingen so ein Schatten liegen kann oder jeder seine Schatten mit sich herumträgt und sich ihm stellen muss und seine eigenen, schönen Moment dazwischen findet. Das passt gut zu den Songs, die Probleme oder innere Konflikte ansprechen, aber es trotzdem immer noch schaffen, einen schönen Ausblick zu geben.
In „Weiße Wand“heißt es: „Ich fahr’ schwarz in ’nem weißen Land, das man nicht mit jedem Pass bereisen kann“. Hat also endlich die Politik Einzug in Ihr Werk gefunden?
ANNEN Weniger aus dem Druck vom außen heraus, dass wir jetzt mal einen politischen Song machen sollten, kam das durch unseren eigenen Anspruch, mehr Inhalte viel ehrlicher rüberzubringen. Wir haben immer viel über Politik gesprochen, auch schon vor dem Rechtsruck, der seit ein paar Jahren zu beobachten ist. Das wäre einfach komisch gewesen, wenn so ein großer Teil dessen, womit wir uns beschäftigen, nicht auf dem Album gelandet wäre. Die Umsetzung war allerdings schwierig: Wir wollten keinen erhobenen Zeigefinger und auch keine einfachen Parolen transportieren.