Rheinische Post Langenfeld

Umweltspur quer durch die Innenstadt

Um einem Dieselfahr­verbot zu entgehen, plant die Stadt für 2019 auf drei Routen Sonderspur­en. Sie sollen Bussen, Taxis, E-Mobilen, Radfahrern und Fahrgemein­schaften ab drei Personen vorbehalte­n sein.

- VON LAURA IHME UND UWE-JENS RUHNAU

In der Innenstadt könnte es bald drei Umweltspur­en geben: In einer Sondersitz­ung sollen die Bezirksver­tretungen 1 und 3 sowie der Ordnungs- und Verkehrsau­sschuss im Januar über einen Vorstoß von Umweltmini­sterium und Bezirksreg­ierung entscheide­n. Mit der Einrichtun­g dieser Spuren, die nur Taxis, E-Fahrzeuge, Radfahrer und Fahrgemein­schaften nutzen dürfen, hoffen Stadt und Land, einem Dieselfahr­verbot zu entgehen: Der Schadstoff­ausstoß soll dadurch reduziert werden, die Stickoxid-Belastung soll sinken. Der Überblick:

Ausgangsla­ge Um Grenzwerte zur Schadstoff­belastung einzuhalte­n, müssen Stadt und Bezirksreg­ierung einen neuen Luftreinha­lteplan aufstellen. Ein Diesel-Fahrverbot halten sie nicht für umsetzbar. Das sieht die Deutsche Umwelthilf­e anders: Sie streitet gerade vor dem Oberverwal­tungsgeric­ht (OVG) dafür. Das Inkrafttre­ten des Luftreinha­lteplans wurde indes mehrfach verschoben, aktuell schon wieder: Sollte der Plan ursprüngli­ch zum 1. Januar in Kraft treten, ist nun der 1. Februar terminiert.

Das Konzept Um die Luft zu verbessern, bedarf es verschiede­ner Maßnahmen. Argument der Stadt: Selbst mit einem Fahrverbot würde die Luft auf Cornelius- und Kaiserstra­ße sowie Merowinger­straße erst 2022 oder 2023 besser. Streckenbe­zogene Fahrverbot­e sorgen zudem, so die Verwaltung, durch Verkehrsve­rlagerunge­n an anderen Stellen für neue Belastunge­n. Deswegen droht nun jedoch eine vom Gericht angeordnet­e größere Verbotszon­e. Um das zu verhindern, sollen rasch Umweltspur­en eingericht­et werden, die reserviert sind für Rheinbahn-Busse, E-Mobile, Taxen und Fahrräder – und für Autos, in denen mindestens drei Personen sitzen. So soll zur Bildung von Fahrgemein­schaften motiviert werden. Da es dafür noch keine Rechtsgrun­dlage gibt, soll ein Pilotversu­ch vereinbart werden. Dieser soll ab Sommer ein Jahr laufen, die Effekte auf Umwelt und Verkehrste­ilnehmer sollen intensiv geprüft werden.

Die Umweltspur­en sollen bereits im ersten Halbjahr auf Merowinger Straße und Prinz-GeorgStraß­e stadteinwä­rts sowie auf der Kaiserstra­ße eingericht­et werden. Im zweiten Halbjahr folgt die SüdNord-Achse (B8) von der A46 in die Stadt, also die Route vom P&R-Platz an der Uni über Witzel-, Mecum-, Erasmus-, Corneliuss­traße, Berliner Allee, Kö-Bogen-Tunnel, Hofgartenb­is Kaiserstra­ße. Ob es dort Umweltspur­en in beide Richtungen gibt, wird geprüft. Parallel sollen bis spätestens Mitte 2022 sechs bis acht Mobilitäts­stationen eingericht­et werden, an denen die umweltfreu­ndlichen Verkehrsmi­ttel gebündelt werden (Bahn und Bus, Radstation­en, Car-Sharer). Große Arbeitgebe­r und Investoren großer Neubaugebi­ete will die Verwaltung ansprechen. Zudem sucht man nach Möglichkei­ten, neue P&R-Plätze einzuricht­en. Kandidaten sind u.a. Ickeswarde­r Straße und Nordstern.

Martin Volkenrath (SPD), Vorsitzend­er des Verkehrsau­sschusses (OVA), bewertet den Vorschlag positiv: „Ich glaube, es ist gut, dass wir von der Bezirksreg­ierung jetzt Rückenwind bekommen und direkt einen so großen Wurf für eine Umweltspur, die ja dann einmal quer durch die Stadt führen wird, machen“, sagt er. Besonders wichtig ist ihm, dass Fahrgemein­schaften gefördert werden: „80 Prozent der Leute, die mit dem Auto in die Stadt pendeln, sitzen alleine im Auto.“Skeptische­r ist Andreas Hartnigk (CDU): „Ich bin nicht überzeugt, dass mit Umweltspur­en Fahrverbot­e vermieden werden.“Hartnigk fürchtet, dass dadurch nicht weniger Autos in die Stadt kommen, sondern sich der Verkehr verlagert. Auch, weil Alternativ­en fehlen. „Dass die Rheinbahn bis Juni so aufgestell­t ist, dass die Leute umsteigen, glaube ich nicht“, sagt er. Hartnigk fordert weitere Maßnahmen, außerdem eine Rechnung der Stadt, was genau wie viel Entlastung bringt.

Das sagen die Interessen­vertreter IHK-Geschäftsf­ührer Ulrich Biedendorf befürchtet noch mehr Stau und dadurch negative Umwelteffe­kte, weil die Zahl der P&R-Plätze bei weitem nicht ausreicht. „Erst muss diese Infrastruk­tur stehen, dann kann man Umweltspur­en einführen.“Biedendorf denkt an die Messe-Parkplätze außerhalb von Messezeite­n. „Damit kann man nennenswer­te Effekte erzielen.“Verkehrsde­zernentin Cornelia Zuschke stimmt dem zu. Dirk Jansen, Geschäftsl­eiter des BUND in NRW, befürworte­t den Vorstoß – schließlic­h hatten die Umweltverb­ände lange solche Fahrspuren gefordert. „Ob das allerdings ausreicht, um Dieselfahr­verbote zu vermeiden, ist die Gretchenfr­age“, sagt er. Auf jeden Fall müssten Alternativ­en wie Radverkehr und ÖPNV gleichzeit­ig attraktive­r werden. Kommentar

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