Der Papst sucht nach neuen Soldaten
Auch die kleinste Armee der Welt, die Päpstliche Schweizergarde, muss um Nachwuchs werben. Und das wird immer schwieriger.
VATIKANSTADT (kna) Silvan Lachmuth hat klare Pläne: Im kommenden Juni das Abitur, ab Januar 2020 die Rekrutenschule – und dann in den Vatikan, zur kleinsten Armee der Welt, der Päpstlichen Schweizergarde. Seit dem Herbst kann sich der 18-Jährige aus Gunzgen im Schweizer Kanton Solothurn einen solchen Weg noch besser vorstellen. Vier Tage lang konnte Silvan seinen möglichen künftigen Arbeitsplatz näher kennenlernen, als Teilnehmer einer „Schnupperwoche Schweizergarde“im Vatikan.
Das Programm, das den 16 bis 19 Jahre alten Interessenten geboten wird, ist dicht: Roms Sehenswürdigkeiten, Gottesdienst, Besichtigung von Kaserne, Kasernenzimmer, Waffenkammer, Petersdom sowie Generalaudienz mit dem Papst. Besonders wichtig sind für Silvan und die anderen Jugendlichen die Gespräche mit ihren Landsleuten, die bereits in der Garde Dienst tun.
Der langgezogene Ehrenhof der Kaserne ist an den Längsseiten mit den 26 Kantonsfahnen der Eidgenossenschaft geschmückt. Aus der Mensa tragen Gardisten Tabletts mit ihrem Essen, setzen sich zu den Jugendlichen und unterhalten sich.
Ziel dieser Schnupperwoche sei es „vor allem, dieses Bild zu korrigieren“, sagt Bernhard Messmer, und tippt auf den Werbeprospekt für die Schweizer Garde. Der zeigt einen Hellebardier, still stehend am Eingangstor zum Apostolischen Palast. Messmer ist Inhaber einer Agentur für Personalmanagement und kümmert sich unter anderem im Auftrag des Vatikan um Nachwuchswerbung für die Schweizergarde.
Dass der Dienst dort viel mehr Bewegung als bei einer Schildwache erfordert, hat auch Silvan in diesen Tagen erfahren. „Das lange Stehen ist sowieso sehr anstrengend“, haben ihm die Gardisten verraten. Zeremonien und auch langes Stehen sind dem Ministranten nicht fremd. Als Geräteturner bringt er zudem die nötige Fitness mit für den Personenschutz des Papstes.
Damit die Informationstage in Rom kein Vergnügungsausflug werden, müssen die Teilnehmer sich ernsthaft für den Dienst bei der Garde interessieren. Dies und eine gewisse, mehr als formale Bindung an die katholische Kirche sollte zudem der Heimatpfarrer bestätigen. Nachdem er beim Papstgottesdienst Ende Juni in Genf Schweizer Gardisten aus der Nähe erlebt hatte, füllte Silvan in seiner Heimatpfarrei seine Anmeldung aus für die Schnupperreise nach Rom.
Sie wird einmal im Jahr angeboten. „Gruppen von 14 bis 16 Leuten sind eine ideale Größe, um den Teilnehmern den Dienst hier am besten nahezubringen“, erklärt Messmer. Gäbe es mehr Interessenten, würde er zwei Reisen anbieten. Zumal die Schweizergarde ihre Sollstärke von 110 auf 135 Mann ausbauen will. Dass derzeit ausgerechnet die geburtenschwächsten Jahrgänge der Schweiz auf die Volljährigkeit zusteuern, macht diese Aufgabe nicht leichter.
Im Schnitt, sagt Messmer, bewirbt sich später rund die Hälfte aller Interessenten für den mindestens 26-monatigen Dienst bei der Garde. Wer will, kann länger bleiben. Voraussetzungen für den Dienst: Schweizer, katholisch, Ausbildung oder Schulabschuss, Militärdienst, ledig, 1,74 Meter Gardemaß und zwischen 18 bis 30 Jahre alt. Der Basissold betrage rund 1500 Euro plus Zulagen für Dienste in der Freizeit, sagt Messmer. Darin inbegriffen sind Krankenkasse, Unterkunft und Nebenkosten.
„Ich glaube, das ist eine gute Idee“, sagt Silvan Lachmuth. Dass die katholische Kirche und der Vatikan derzeit wegen des Missbrauchsskandals auch für negative Schlagzeilen sorgen, hält den 18-Jährigen nicht ab. Er müsse sich nicht dafür rechtfertigen, Schweizergardist werden zu wollen – um im Ernstfall für die Sicherheit des Papstes auch sein Leben einzusetzen.
Etwa die Hälfte der Interessenten bewirbt sich für den mindestens 26-monatigen Dienst