Drei Punkte, noch mehr Fragen
Das 2:1 von Bayer 04 beim FC Schalke lässt die Werkself zwar auf einen versöhnlichen Abschluss der Hinrunde hoffen, deckt aber auch viele Schwächen auf. Nach dem Berlin-Spiel will Leverkusens sportliche Führung Bilanz ziehen.
LEVERKUSEN Acht bis neun Punkte hatte Rudi Völler nach dem 1:1 in Nürnberg aus den letzten vier Liga-Spielen vor der Pause gefordert. Die würde Bayer Leverkusen benötigen, um in der Rückrunde noch einmal einen Angriff auf die internationalen Plätze starten zu können. Nur bei einem Sieg im letzten Spiel vor der Winterpause am Samstag (15.30 Uhr/BayArena) gegen Hertha BSC wäre die Vorgabe des Sportgeschäftsführers bei dann neun Zählern erfüllt. Von einem Ultimatum für Trainer Heiko Herrlich wollte der Weltmeister von 1990 dennoch nichts wissen. Im TV-Interview bei Sky betonte der 58-Jährige gleichwohl: „Natürlich weiß auch der Heiko, dass wir uns nach dem letzten Spiel zusammensetzen und ein Fazit ziehen.“
Die Zeiten, in denen sich Völler demonstrativ hinter seinen Coach stellte und jegliche Kontakte zu anderen Trainern wie Peter Bosz vehement abgestritten hat, sind offenbar vorbei. Bei der angekündigten Hinrunden-Bilanz der Verantwortlichen unter dem Bayer-Kreuz um Völler, Geschäftsführer Fernando Carro und Neu-Sportdirektor Simon Rolfes wird neben der mangelhaften Punkteausbeute gewiss auch die Spielweise der Werkself unter die Lupe genommen. Und die war auch in der Englischen Woche einmal mehr ausbaufähig.
Denn einen Schönheitspreis erhält Bayer 04 für das 2:1 (2:1) in Gelsenkirchen nach Toren von Aleksandar Dragovic und Lucas Alario sicher nicht. „Das ist mir völlig wurscht“, sagte Julian Baumgartlinger, Leverkusens Kapitän an diesem Abend. Die drei Punkte werde man wie Frankfurt, das die Werkself wenige Tage zuvor 2:1 geschlagen hatte, „dankend annehmen“. Die Brisanz vor dem Krisenduell sei nicht von der Hand zu weisen, erklärte der 30-jährige Österreicher. „Das ist normal, wenn man den Druck spürt, den Sieg zu brauchen, wie ein Stück Brot. Dann wird der Ball eher mal weggeschlagen als sauber rausgespielt.“
Seinem Teamkollegen Jonathan Tah war die Art und Weise, wie der Sieg beim kriselnden Revierklub zustande kam, ebenfalls gleichgültig. „Es war kein schönes Spiel“, sagte der Innenverteidiger. Der Mannschaft sei es nur darum gegangen, die drei Punkte zu holen. „Da wir den Sieg in Frankfurt traurigerweise verpasst haben, war der Druck noch größer.“Kämpferisch habe das Team überzeugt, „auch wenn wir den ein oder anderen Schönheitsfehler gemacht haben.“Der gebürtige Hamburger freut sich nach dem kräftezehrenden Schlussspurt mit acht Spielen in 29 Tagen auf die kurze Winterpause. Nach dem Hertha-Spiel will er „erst einmal Ruhe vom Fußball haben und den Kopf freibekommen.“In der Rückrunde werde das Team dann neu angreifen – und vielleicht auch wieder mehr fürs Auge bieten.
Ob er dann einen neuen Chef an der Seitenlinie begrüßen kann, werden wohl die kommenden Tage zeigen. Völler und Co. werden eine Entscheidung fällen muss.