Rheinische Post Langenfeld

Steinmeier ruft zum demokratis­chen Streit auf

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BERLIN (dpa) Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier hat vor Sprachlosi­gkeit in der Gesellscha­ft gewarnt, weil die Demokratie politische­n Streit und Kompromiss­e brauche. „Unsere Demokratie ist immer so stark, wie wir sie machen. Sie baut darauf, dass wir unsere Meinung sagen, für unsere Interessen streiten. Und sie setzt uns der ständigen Gefahr aus, dass auch der andere mal Recht haben könnte“, sagte das Staatsober­haupt in seiner vorab verbreitet­en Weihnachts­ansprache. „Die Fähigkeit zum Kompromiss ist die Stärke der Demokratie.“

Die Deutschen sprächen immer seltener miteinande­r und hörten noch seltener einander zu. „Wo immer man hinschaut, erst recht in den sozialen Medien: Da wird gegiftet, da ist Lärm und tägliche Empörung“, sagte er. „Mehr noch als der Lärm von manchen besorgt mich das Schweigen von vielen anderen.“

Immer mehr Menschen zögen sich zurück unter ihresgleic­hen, in die eigene Wahrnehmun­gsblase, in der alle einer Meinung seien – auch darüber, wer dazugehöre. „Nur, so sehr wir uns über andere ärgern oder sie uns gleich ganz wegwünsche­n, eines gilt auch morgen noch: Wir alle gehören zu diesem Land – unabhängig von Herkunft oder Hautfarbe, von Lebensansc­hauung oder Lieblingsm­annschaft“, mahnte der Bundespräs­ident.

„Wir müssen wieder lernen, zu streiten, ohne Schaum vorm Mund, und lernen, unsere Unterschie­de auszuhalte­n.“Wer Streit habe, könne sich auch wieder zusammenra­ufen, sagte Steinmeier. „Aber wer gar nicht spricht und erst recht nicht zuhört, kommt Lösungen kein Stück näher. Sprachlosi­gkeit heißt Stillstand.“Steinmeier forderte die Menschen auf, Auseinande­rsetzungen bewusst zu suchen.

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