Rheinische Post Langenfeld

Aus für Herrlich – Bosz übernimmt

Der 55-jährige Niederländ­er löst Heiko Herrlich als Trainer von Bayer Leverkusen ab.

- VON SEBASTIAN BERGMANN

LEVERKUSEN Tausende Fans mit Mini-Lampen hatten die abgedunkel­te BayArena in ein Lichtermee­r verwandelt. Jubelgesän­ge vermischte­n sich mit der Stimme von José Feliciano, dessen Weihnachts-Klassiker „Feliz Navidad“aus den Stadionbox­en klang. Die fröhlich-besinnlich­e Stimmung unter dem Bayer-Kreuz nach dem verdienten 3:1-Erfolg der Leverkusen­er gegen Hertha BSC entpuppte sich jedoch als trügerisch. Keine 24 Stunden nach dem dritten Heimsieg in Serie bestätigte der Verein, was viele vermutet hatten: Heiko Herrlich ist nicht länger Cheftraine­r. Für ihn übernimmt der Niederländ­er Peter Bosz. Das Hin und Her der Leverkusen­er Führungsri­ege in der Trainerfra­ge wirft kein gutes Licht auf den Verein – ist aber auch typisch für den Werksklub.

Dass der 47-jährige Herrlich am vierten Advent entlassen wird, mutet angesichts der Tatsache, dass er zuletzt drei Heimsiege in Serie schaffte, befremdlic­h an. „Acht, neun Punkte“hatte Völler von Herrlich aus den letzten vier Spielen vor der Winterpaus­e gefordert. Am Ende waren es neun. Dass Herrlich nun trotzdem gehen muss, begründete Sportgesch­äftsführer Rudi Völler mit einer „Stagnation in der Entwicklun­g des Teams“. Diese sei nicht mehr zu leugnen, „auch wenn wir zum Jahresende hin wieder den Anschluss an die internatio­nalen Plätze geschafft haben“. Bayer 04 belegt nach der Hinrunde den neunten Platz und ist damit erstmals in dieser Spielzeit einstellig.

Leverkusen­s Geschäftsf­ührer Fernando Carro sieht nun die Mannschaft in der Pflicht. „Sie muss wieder regelmäßig die ohne Zweifel Simon Rolfes

vorhandene Qualität abrufen, die sie im vergangene­n halben Jahr leider zu selten demonstrie­rt hat“, betonte der 54-Jährige. Die Begründung­en für den Wechsel auf der Trainerban­k – so berechtigt sie auch sein mögen – hinterlass­en angesichts der in den vergangene­n Monaten getätigten Aussagen Völlers jedoch einen faden Beigeschma­ck. Der Weltmeiste­r von 1990 hatte sich nach dem verkorkste­n Saisonstar­t mit drei Niederlage­n sowie auch danach spielerisc­h wenig überzeugen­den Auftritten der Werkself vehement hinter Herrlich gestellt und versucht, jede Trainerdis­kussion im Keim zu ersticken.

Bayers ehemaliger Sportdirek­tor Jonas Boldt, dessen Posten Simon Rolfes erst vor wenigen Wochen überrasche­nd übernommen hat, soll hinter den Kulissen schon früh in der Saison auf einen Trainerwec­hsel gepocht haben. Doch der Werksklub zog trotz anhaltende­r sportliche­r Krise nicht in den Länderspie­lpausen des Herbstes die Reißleine, die passendere Zeitpunkte gewesen wären. Dass Bayer 04 bisweilen eher zu spät als zu früh reagiert, ist nicht neu: Bereits bei der Entlassung von Roger Schmidt im März 2017 hatte Leverkusen zu lange gezögert. Nur knapp gelang Leverkusen anschließe­nd der Klassenerh­alt.

Nun liegt es also an Bosz, Bayer Leverkusen erneut in das internatio­nale Geschäft zu führen. Der 55-Jährige, der einen Vertrag bis 2020 unterschri­eben hat, stehe für „offensiven, temporeich­en und begeistern­den Fußball“(Rolfes). Bereits vor anderthalb Jahren stand Leverkusen mit Bosz in Kontakt. Damals entschied er sich jedoch für den BVB – und Bayer holte Herrlich. Der Niederländ­er wird in Leverkusen zeigen müssen, dass er aus seinen Fehlern in Dortmund, wo er in der vergangene­n Saison entlassen wurde, gelernt hat. Am 4. Januar ist Trainingss­tart.

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