Turmbläser stimmen aufs Fest ein
„Himmlische Klänge“– das ist das Leitthema dieser lokalen RP-Weihnachtsausgabe. Den Auftakt macht das traditionelle Turmblasen. Frei nach dem Lied „Wachet auf, ruft die Stimme“beginnt für viele Monheimer mit ihm der Heilige Abend.
MONHEIM Für Hartmut Hoffmeister (66) ist das Turmblasen an Heiligabend vor dem Schelmenturm der absolute Höhepunkt im Jahr. Dann kann der Tenorposaunist neben altbekannten deutschen Klassikern wie „Alle Jahre wieder“oder „Ihr Kinderlein kommet“auch sein Lieblingsstück „Hark! The Herald Angels Sing“in die kalte Abendluft blasen. „Das englische Stück mag ich besonders gerne.“Gemeinsam mit den insgesamt acht Musikern des Bläserkreises der evangelischen Kirche in Monheim spielt der Vorsitzende dann auf einer kleinen Bühne im Torbogen ab 17 Uhr eine Stunde lang viele bekannte Weihnachtslieder – und das Publikum singt begeistert mit.
„Der direkte Kontakt zu den Leuten ist einfach toll!“Damit auch diejenigen, die weniger textsicher sind, bei allen Strophen mithalten können, werden die Liedzeilen per Beamer an die Wand des Schelmenturms projiziert. Zudem tragen die Bläser auch weitere Lieder nur zum Zuhören vor, die etwas anspruchsvoller sind wie „Der Heiland ist geboren“oder „Es ist ein Ros entsprungen“.
Zwischen 500 bis 700 Besucher kommen inzwischen zu der traditionellen Veranstaltung vor historischer Kulisse. „Es sind so viele geworden, dass auch einige in den Nebenstraßen stehen müssen.“
Hat das Turmblasen ursprünglich einen christlichen Charakter, ist es in Monheim inzwischen interkonfessionell geworden. „Vor dem Schelmenturm treffen sich dann Christen, Atheisten und auch Vertreter anderer Religionen“, sagt Hoffmeister. „Es ist eine Veranstaltung, die zusammenhält. Das ist heutzutage sehr wichtig.“Schön findet der Musiker, dass neben Familien auch Singles und Senioren dabei sind. Damit alle kräftig singen können, gibt es kostenlos Glühwein und Kinderpunsch.
1982 rief der damalige Musikschullehrer Rüdiger Boettcher das Turmblasen ins Leben. In den ersten Jahren wurde hoch oben im Schelmenturm gespielt, wurden die Klänge per Lautsprecher nach draußen getragen. Das änderte sich, als der Bläserkreis der evangelischen Kirche unter der Leitung von Kantor Matthias Standfest übernahm. Seitdem spielen die Trompeter und Hornisten vor dem Turm. Die Gruppe gestaltet das Turmblasen im zehnten Jahr. „Ich bin für die Organisation zuständig“, sagt Hoffmeister. Die Vorbereitungen werden mit den Monheimer Kulturwerken abgestimmt. Paniker und Urgestein Emil Droesser unterstützt die Musiker. In diesem Jahr übernimmt er die Begrüßung. Wie in den Vorjahren liest Helmut Kuhnhenn eine lustige Weihnachtsgeschichte vor. Der evangelische Pfarrer Till-Karsten Hesse und Detlev Katzwinkel (Freie evangelische Gemeinde und Chefarzt der Gynäkologie im Langenfelder Martinus-Krankenhaus) stimmen mit besinnlichen Worten in die Weihnachtszeit ein.
Zurzeit hat der Bläserkreis acht Mitglieder. Instrumental sind das vier Trompeten, drei Posaunen und ein Horn. Drei Frauen treten in der überwiegend mit Männern besetzten Riege an Heiligabend in Monheim auf. Lisanne Allmendinger spielt Posaune, Gisela Schmelz und Marion Bertram blasen Trompete. Zwar sei ihr Repertoire flexibel, reiche von Gospel-Musik über Shanty und Volkslieder, doch der Schwerpunkt liege auf barocker Kirchenmusik und klassischen Stücken. „Wir musizieren regelmäßig in der Kirche und proben dafür einmal in der Woche. „Alle haben eine Musikschulausbildung und spielen auf einem hohen Niveau“, berichtet der Vorsitzende. Bei einer Konzertreise in die Hauptstadt seien die Bläser sogar im Berliner Dom aufgetreten. „Das war für uns schon etwas Besonderes.“Der gebürtige Ostwestfale hat mit sechs Jahren begonnen Flügelhorn zu spielen. Die Posaunenchorarbeit habe in seiner Heimatregion eine lange Tradition.
Nach dem Turmblasen mit seinen Kollegen liebt es Hartmut Hoffmeister, den Heiligen Abend mit der Familie zu verbringen. Der Auftritt gehört aber für ihn mittlerweile zu einem festen Ritual, das das Weihnachtsfest noch schöner macht.