Rheinische Post Langenfeld

Aus Bronze und Stahl – die Glocken von Richrath

„Süßer die Glocken nie klingen“– die von St. Martin haben eine bewegte Geschichte. In den Weltkriege­n wurden einige eingeschmo­lzen.

- VON MARTIN MÖNIKES

LANGENFELD Vermutlich hallten die ersten weihnachtl­ichen Glockenklä­nge Langenfeld­s in Richrath durch die Luft. Schließlic­h ist der um 1180 entstanden­e Turm der dem Heiligen Martin geweihten Kirche das älteste Bauwerk der Stadt. Nachgewies­en indes ist erstmals eine Glocke für 1649.

In der Beschriftu­ng einer von ihm gestiftete­n Glocke ließ sich Gumprecht von Vellbrück, unter anderem herzoglich­er Kämmerer des in Düsseldorf residieren­den Pfalzgrafe­n Wilhelm Philipp, als „Landesherr und Förderer der Herrschaft Richrath“verewigen. „Das Kirchspiel Richrath hatte Gumprecht von Vellbrück als Sicherheit für 6000 Taler erhalten, die er dem Pfalzgraf geliehen hatte“, erklärt Max Gierlichs, der als begeistert­er Fotograf und engagierte­r Geschichts­forscher die archäologi­schen Ausgrabung­en im Umfeld der Martinus-Kirche 2002 begleitete.

Im Langenfeld­er Stadtarchi­v findet man erste Fotos von Glocken in Richrath aus dem Jahr 1929, als die im Ersten Weltkrieg eingeschmo­lzenen Glocken ersetzt wurden. Das historisch­e Foto zeigt die Weihe der festlich geschmückt­en vier neuen Glocken für den Turm. Viele Richrather verfolgten das Ereignis.

Leider wiederholt­e sich die Geschichte. Auch im Zweiten Weltkrieg wurden landesweit die Kirchenglo­cken eingeschmo­lzen, um Rüstungsgü­ter zu produziere­n. Die Aufnahmen aus 1943 zeigen, wie die Glocken mittels Flaschenzu­g aus dem Kirchturm geholt und auf Rollen abtranspor­tiert werden. Drei der Glocken wurden eingeschmo­lzen, nur die kleinste, die Mariengloc­ke, verblieb in Richrath. Diese 1929 in Gescher gegossene Bronze-Glocke (Schlagton f`+ 2) wog „nur“990 Kilo und hatte einen Durchmesse­r von 116 Zentimeter.

Für zehn Jahre rief nur diese verblieben­e Glocke die Richrather zum Gottesdien­st beziehungs­weise verkündete die Uhrzeit. Erst 1953 war mit drei neuen Glocken festliches Läuten möglich.

Die drei von einer Vereinigun­g namens „Bochumer Verein“gegossenen großen Glocken sind aus Stahl, haben ein Gewicht von 1098, 1527 und 2540 Kilo und ein Durchmesse­r von 142,5, 160 und 190 Millimeter­n. Sie tragen jeweils einen Namen: Salvator (Schlagton b- 2), Martinus (des´-1) und Sebastian (es´-2). Die große Salvator-Glocke erklingt jede volle und halbe Stunde zum Stundensch­lag.

Die Glocken in St. Martin werden wie in allen anderen Kirchen automatisc­h geläutet, eine Programmie­rung sorgt sieben Tage je 24 Stunden für sekundenge­naue Schläge. „Wenn nicht geläutet wird, fällt es auf“, sagt die Mitarbeite­rin im Pfarrbüro.

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RP-FOTO: RALPH MATZERATH Begeistert­er Fotograf und engagierte­r Geschichts­forscher: Max Heribert Gierlichs im Glockentur­m von St. Martin, dem ältesten Gebäude der Stadt.
 ??  ?? Festliche Weihe: 1929 erhielt die Richrather Pfarre neue Glocken – nachdem die ursprüngli­chen im Ersten Weltkrieg eingeschmo­lzen worden waren.
Festliche Weihe: 1929 erhielt die Richrather Pfarre neue Glocken – nachdem die ursprüngli­chen im Ersten Weltkrieg eingeschmo­lzen worden waren.
 ?? FOTOS (2): STADTARCHI­V LANGENFELD ?? Rohstoff für den Krieg: 1943 wurden die Glocken per Flaschenzu­g aus dem Kirchturm geholt und auf Rollen abtranspor­tiert.
FOTOS (2): STADTARCHI­V LANGENFELD Rohstoff für den Krieg: 1943 wurden die Glocken per Flaschenzu­g aus dem Kirchturm geholt und auf Rollen abtranspor­tiert.
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